3. Januar 2000
Dass ein Mann für die gleiche Arbeit einen höheren Lohn erhält als eine Frau, ist nur vorübergehend und nur in einem begrenzten Ausmass gerechtfertigt. Ansonsten handelt es sich gemäss dem Urteil des Bundesgerichts vom 14. September 1999 (BGE 125 III 368) um eine Lohndiskriminierung im Sinne des Gleichstellungsgesetzes.
Sachverhalt
S. war seit Oktober 1987 als Redaktorin bei der X. Tagblatt AG angestellt. Ihre Arbeit bestand darin, täglich eine Seite mit regionalen Nachrichten über den Ort A. und Umgebung zu füllen. Ihr Lohn, umgerechnet auf eine Vollzeitstelle, betrug ab 1. Januar 1997 Fr. 6‘632.-. Im Jahre 1990 stellte die X. Tagblatt AG T. als Lokalredaktor für die gleiche Tätigkeit wie S. an. Sein Lohn betrug anfänglich Fr. 6‘700.-, in der Folge stieg er auf Fr. 7‘675.-. Die Klage von S. hat sowohl das Bezirksgericht wie auch das Kantonsgericht abgewiesen, da für sie keine Lohndiskriminierung vorlag.
Rechtliche Grundlagen der Lohngleichheit
Das Gleichstellungsgesetz (GlG) konkretisiert das Lohngleichheitsgebot von Art. 4 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV) mit dem Ziel, die Durchsetzung des Anspruchs auf Lohngleichheit zu erleichtern.
Nach Art. 4 Abs. 2 BV und Art. 3 GlG haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden.
Nach Art. 6 GlG wird eine Lohndiskriminierung vermutet, wenn sie von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Entsprechend liegt es am Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Lohndifferenz auf sachlichen Gründen ohne geschlechterdiskriminierende Wirkung beruht.
Wann sind Lohnunterschiede nicht diskriminierend?
Nicht diskriminierend sind nach der Rechtsprechung in der Regel Lohnunterschiede, die auf objektiven Gründen beruhen. Zudem können auch Lohnunterschiede, die sich aufgrund der konjunkturellen Lage ergeben oder die nicht unmittelbar die Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers berühren, wie etwa familiäre Belastungen und das Alter, gerechtfertigt sein.
Objektive Gründe
Dazu gehören Gründe, die den Wert der Arbeit selbst beeinflussen können wie Ausbildung, Dienstalter, Qualifikation, Erfahrung, konkreter Aufgabenbereich, Leistung oder Risiken (BGE 124 II 409). In der Regel rechtfertigen diese Gründe eine unterschiedliche Entlohnung jedoch nur dann, wenn sie für die konkrete Arbeitsleistung und Lohngestaltung auch wirklich wesentlich sind und entsprechend konsequent die Löhne desselben Arbeitgebers beeinflussen.
Eine qualitativ oder quantitativ bessere Arbeitsleistung vermag auch bei gleichem Pflichtenheft einen Lohnunterschied zu rechtfertigen. Vorausgesetzt wird jedoch, dass sie sich in besseren Arbeitsresultaten auswirkt. Im vorliegenden Fall lässt sich aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht beurteilen, ob die angeblich bessere Arbeitsleistung des T. tatsächlich bessere Arbeitsergebnisse gebracht hat und entsprechend eine Lohndifferenz rechtfertigen würde.
Konjunkturelle Lage
Die konjunkturelle Lage kommt als Rechtfertigungsgrund für Lohnunterschiede insoweit in Betracht, als ihre Berücksichtigung einem wirklichen unternehmerischen Bedürfnis entspricht (BGE 125 I 71, 118 Ia 35, 113 Ia 107). Das Bundesgericht ist damit nicht der Lehrmeinung gefolgt, wonach eine Rechtfertigung von Lohnunterschieden zwischen Mann und Frau durch die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt generell abzulehnen sei (vgl. dazu O. Steiner, Das Verbot der indirekten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben, Diss. Basel 1999, S. 295 f.). Lohnunterschiede aufgrund der Arbeitsmarktlage sind jedoch nur vorübergehend und nur begrenzt rechtmässig. Ein aufgrund der Marktlage zu rechtfertigendes unternehmerisches Bedürfnis nach einer unterschiedlichen Entlohnung ist gemäss Bundesgericht kaum und sicher nicht für längere Zeit denkbar, wenn die zu erledigenden Arbeiten nicht nur gleichwertig, sondern auch gleichartig oder sogar gleich sind.
Die Vorinstanz hat nicht abgeklärt, inwiefern sich die Arbeitsmarktlage bei der Anstellung von S. 1987 von derjenigen bei der Anstellung von T. 1990 unterschieden haben soll. Sie hat vielmehr die starke Verhandlungsposition des „Wunschkandidaten“ T., der nur zu seinem bisherigen Gehalt habe angestellt werden können, als entscheidend angesehen. Sich auf eine besonders starke Verhandlungsposition stützende Lohnunterschiede lassen sich aber gemäss Bundesgericht nur rechtfertigen, wenn sie verhältnismässig sind. Zudem sind Lohnunterschiede aufgrund unterschiedlicher Verhandlungsmacht – wie solche aufgrund von Konjunkturschwankungen – sobald als möglich und zumutbar im Rahmen der periodischen Bereinigung der Lohnstruktur zu beseitigen. Auch in diesem Punkt hat die Vorinstanz, an welche das Bundesgericht den Fall zur neuer Entscheidung zurückgewiesen hat, weitere Abklärungen zu treffen.
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