Jeu, 1 juillet 1999
Gemäss Art. 336c OR darf der Arbeitgeber nach Ablauf der Probezeit das Arbeitsverhältnis während einer gewissen Anzahl Tage nicht kündigen, wenn der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist (Abs.1 lit. b). Wenn die Kündigung vor einer solchen Sperrfrist erfolgt ist, aber die Kündigungsfrist bis zum Beginn dieser Frist noch nicht abgelaufen ist, so wird deren Ablauf unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt (Abs. 2). Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Ende eines Monats, und fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlängert sich diese bis zum nächstfolgenden Endtermin (Abs.3). Im Entscheid BGE 124 lll 474 ff. hatte die l. Zivilkammer des Bundesgerichts die Frage zu entscheiden, ob eine zweite Arbeitsverhinderung, welche in die Verlängerung bis zum nächstfolgenden Endtermin eintrat, eine neue Sperrfrist auslöste oder nicht.
Sachverhalt
Dem seit Februar 1994 angestellten Arbeitnehmer wurde am 10. Dezember 1996 auf Ende Februar 1997 gekündigt. Vom 12. Dezember 1996 bis am 26. Mai 1997 war der Arbeitnehmer krankheitsbedingt und vom 26. Mai 1997 bis am 30. Juni 1997 aufgrund einer Operation arbeitsunfähig. Die Parteien waren sich über das Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht einig.
Erwägungen des Bundesgerichts
Die beiden Parteien waren sich einig, dass die Kündigungsfrist, nach dem Aufschub durch die erste Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, am 9. Mai 1997 abgelaufen war und dass sie gestützt auf Art. 336c Abs. 3 OR bis zum 31. Mai 1997 verlängert worden ist. Auf den 9. Mai 1997 kam man wie folgt: Vom 12. Dezember 1996 bis am 11. März 1997 lief die 90-tögige Sperrfrist und vom 12. März 1997 bis am 9. Mai 1997 die 59-tägige (Anzahl Tage von Januar und Februar) Kündigungsfrist. Strittig hingegen war die Frage, ob die zweite Arbeitsunfähigkeit eine neue Sperrfrist im Sinne von Art. 336c Abs.1 lit. b OR auslöst oder nicht.
Art. 336c Abs. 2 OR garantiert dem Arbeitnehmer eine vollständige Kündigungsfrist, damit er die Möglichkeit hat, eine neue Stelle zu suchen. Dagegen beabsichtigt Art. 336c Abs. 3 OR lediglich die Erleichterung eines Stellenwechsels, indem das Arbeitsverhältnis nicht bereits nach Ablauf der unterbrochenen Kündigungsfrist endet, sondern erst auf den in der Regel vorgesehenen Endtermin (Monatsende) eines Arbeitsverhältnisses. Gemäss Bundesgericht gilt es somit aufgrund dieser verschiedenen Ziele zu unterscheiden, ob die neue Arbeitsunfähigkeit noch in die verlängerte (aber nicht abgelaufene) Kündigungsfrist fällt, oder lediglich in den Zeitraum der Verlängerung bis zum nächstfolgenden Endtermin. Das Bundesgericht ist der Meinung, dass sich eine Unterbrechung der Kündigungsfrist nur im ersten dieser beiden Fälle rechtfertigt. Das Ziel von Art. 336c Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 336c Abs. 2 OR ist es nicht, sämtliche Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf den Grund ihrer Arbeitsunfähigkeit gleich zu behandeln, sondern den wegen Krankheit oder Unfall arbeitsunfähigen Arbeitnehmer den gleichen Bedingungen zu unterstellen wie den gesunden Arbeitnehmer, so dass auch jener genügend Zeit zur Stellensuche hat. Wenn der Arbeitnehmer schon in den Genuss der vollständigen Kündigungsfrist gekommen ist, ist der gesetzlich vorgesehene Schutz bereits erreicht. Es wäre also nicht angemessen, das Risiko einer erneuten Arbeitsunfähigkeit auch während dieser zusätzlichen Frist durch den Arbeitgeber tragen zu lassen, denn die in Art. 336c Abs. 2 OR vorgesehene Unterbrechung kann bereits zu einer erheblichen Verlängerung der Kündigungsfrist führen (vgl. Th. Geiser, Kündigungsschutz bei Krankheit, in AJP 1996, S. 550 ff., 552).
Im vorliegenden Fall lief die unterbrochene Kündigungsfrist am 9. Mai 1997 ab. Die zweite Arbeitsunfähigkeit trat aber erst am 26 Mai 1997 ein. Sie fiel somit in den Zeitraum der Verlängerung bis zum nächstfolgenden Endtermin gemäss Art. 336c Abs. 3 OR. Deshalb löste die zweite Arbeitsunfähigkeit keine neue Sperrfrist aus und das Arbeitsverhältnis endigte definitiv am 31. Mai 1997.
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