Verbot der Ferienabgeltung

1. Juli 2015

Verbot der Ferienabgeltung

Ferien kommen zum Glück immer wieder, doch die damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen entsprechend auch. Die vorliegende Ausgabe behandelt die zentralen Fragen, ob Ferien während des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden dürfen sowie unter welchen Umständen und wie vom Grundsatz abgewichen werden darf, dass der Ferienlohn im Zeitpunkt zu entrichten ist, während dem die Ferien bezogen werden, ohne dass der Arbeitgeber den Ferienlohn nachbezahlen muss. Anlass dazu gibt das Urteil 4A_72/2015 des Bundesgerichts vom 11. Mai 2015, mit dem es an seiner langjährigen strengen Praxis festhält.

Ferienbezug in natura

Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden (OR 329d/2), oder anders ausgedrückt, die Ferien sind in natura zu beziehen. Trotzdem stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob einem Mitarbeiter, der einen relativ hohen Feriensaldo aufweist, auf seinen Wunsch während des Arbeitsverhältnisses Ferientage ausbezahlt werden dürfen. Die Antwort ist klar nein. Doch wie wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn dies trotzdem gemacht würde? Da es sich bei OR 329d/2 um eine zwingende Bestimmung handelt, kann der Arbeitnehmer gemäss OR 341 nicht rechtsgültig darauf verzichten. Werden einem Arbeitnehmer auf seinen Wunsch beispielsweise 20 Ferientage ausbezahlt, kann dieser anschliessend jederzeit seinen Anspruch auf Bezug dieser vier Wochen Ferien in natura geltend machen. Fraglich ist dabei lediglich, ob er den Ferienlohn noch ein zweites Mal bezahlen muss. Hat der Arbeitgeber den Ferienlohn für diese 20 Tage auf der Lohnabrechnung explizit ausgewiesen und kann er nachweisen, dass diese Ferientage auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers und in dessen Kenntnis der Rechtswidrigkeit ausbezahlt worden sind, ist nicht damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber den Ferienlohn ein zweites Mal bezahlen muss. Dies vom Arbeitgeber zu verlangen, wäre wohl rechtsmissbräuchlich.

Das Abgeltungsverbot ist auch im gekündigten Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Ihm geht jedoch die Bestimmung vor, dass dem Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung die notwendige Zeit für das Aufsuchen einer anderen Arbeitsstelle zu gewähren ist. Auch können dringende betriebliche Bedürfnisse, die den Einsatz des Arbeitnehmers erfordern, bewirken, dass restliche Ferientage nicht bezogen werden können. Zudem kann die Kurzfristigkeit der Anordnung von Ferien unter Umständen problematisch sein. Unbestritten ist, dass ein am Ende des Arbeitsverhältnisses noch bestehender Feriensaldo in einen finanziellen Abgeltungsanspruch umgewandelt wird und auszuzahlen ist.

Lohnanspruch während den Ferien

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für ausfallenden Naturallohn zu entrichten (OR 329d/1). Der Ferienlohn ist grundsätzlich dann zu bezahlen, wenn die Ferien bezogen werden. Der Grund dafür liegt darin, dass ansonsten das Risiko besteht, dass das Geld schon vor dem Ferienbezug verbraucht ist und somit der Ferienzweck, nämlich die Erholung, beeinträchtigt ist.

Da die Durchsetzung des Verbots der Abgeltung mit dem laufenden Lohn bei unregelmässigen Beschäftigungen, namentlich bei Teilzeitstellen, Schwierigkeiten bereiten kann, lässt das Bundesgericht eine Abgeltung des Ferienlohns in solchen Fällen in Abweichung vom Gesetzestext seit langer Zeit ausnahmsweise zu. Neben der objektiven Notwendigkeit aufgrund der unregelmässigen Beschäftigung wird allerdings vorausgesetzt, dass der Ferienlohn auf jeder periodischen Lohnabrechnung oder Lohnquittung betragsmässig ausgewiesen wird und auch im schriftlichen Arbeitsvertrag der für die Ferien bestimmte Lohnanteil betragsmässig oder prozentual vereinbart worden ist. Einzig wenn die Parteien bloss einen mündlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, rechtfertigt es sich, auch eine mündliche Abgeltungsvereinbarung zuzulassen. In einem solchen Fall wird mit der Erwähnung des Ferienlohnanteils in den periodischen Lohnabrechnungen genügend Klarheit geschaffen und die entsprechende mündliche Vereinbarung laufend in schriftlicher Form bestätigt. Ausnahmsweise hat es das Bundesgericht auch bei einer zu 100% angestellten Nachtwache als zulässig erachtet, den Ferienlohn bereits mit dem Grundlohn auszuzahlen, da die Berechnung des auf die Ferien fallenden Lohns extrem schwierig sei. Die Klausel „Ferienlohn inbegriffen“ ist keine gültige Abgeltungsvereinbarung, erst recht werden Formulierungen wie „pauschal“ nicht als den Ferienlohn mitenthaltend betrachtet. Fehlt es an der klaren Kennzeichnung, vom Lohn sei ein bestimmter Prozentsatz oder Betrag als Ferienlohn zu betrachten, so ist dieser zusätzlich zu bezahlen. Zu beachten gilt es zudem, dass auch bei gültiger Abgeltungsvereinbarung der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Ferienbezug in natura behält.

Dem eingangs erwähnten Urteil des Bundesgerichts lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Parteien vereinbarten schriftlich einen bestimmten Basisstundenlohn zusätzlich eines Anteils für Ferien von 8,33%. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde als unechte Arbeit auf Abruf qualifiziert. Auf den periodischen Lohnabrechnungen wurde jeweils kein Ferienlohn ausgewiesen. Der Arbeitnehmer hat somit aufgrund der Lohnabrechnung nicht erkennen können, in welcher Höhe ein Zuschlag zum Lohn als Feriengeld bestimmt wurde. Damit ist der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachgekommen und musste deshalb den entsprechenden Ferienlohn von gut 16‘000 Franken nachzahlen. Gemäss Bundesgericht gilt das Spezifikationserfordernis für alle Arbeitsverhältnisse, also auch für unechte Arbeit auf Abruf. Es gilt auch dann – obwohl das Abgeltungsverbot in diesen Fällen keine Rolle spielt – wenn der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Ferien tatsächlich bezogen hat, und zwar deshalb, weil der Arbeitnehmer aufgrund einer unklaren Vertragsklausel in den falschen Glauben versetzt werden kann, mit dem vereinbarten Lohn werde er bloss für die Arbeitsleistung, nicht aber für den Anspruch auf Ferienlohn entschädigt, womit die Gefahr eines vorzeitigen Verbrauchs des Feriengelds besteht.

Gemäss Bundesgericht war die Geltendmachung des Ferienlohns auch nicht rechtsmissbräuchlich, denn der Arbeitnehmer hatte den Arbeitgeber auf die mangelhaften Lohnabrechnungen hingewiesen und der Arbeitgeber hat diese erst drei Jahre danach korrekt erstellt.

Ferienlohnberechnung monatlich und Auszahlung während den Ferien

Rechtlich in jedem Fall unproblematisch und somit empfehlenswert ist eine Regelung, bei welcher der Ferienlohn auf dem jeweils ausbezahlten Lohn berechnet (z.B. 8,33% bei einem Ferienanspruch von vier Wochen), auf ein separates Konto gebucht und erst beim Ferienbezug anteilmässig ausbezahlt wird.

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