Bei Verstössen gegen Vorschriften des Arbeitsgesetzes (ArG) oder dessen Verordnungen wird in der Regel von der kantonalen Behörde zunächst eine Verwarnung ausgesprochen. Falls innert der gesetzten Frist der gesetzeskonforme Zustand nicht wieder hergestellt wird, erlässt die kantonale Behörde eine Verfügung, verbunden mit einer Strafandrohung bei Nichtnachkommen. Meistens handelt es sich beim Fehlbaren um den Arbeitgeber, der für die Einhaltung der Arbeits- und Ruhezeiten sowie den Gesundheitsschutz verantwortlich ist. Verantwortlicher Betrieb kann aber auch ein Dritter sein, wie beispielsweise bei der Leiharbeit. Im nachfolgend dargelegten Urteil 2C_703/2015 des Bundesgerichts war ausdrücklich vereinbart, dass der Einsatzbetrieb verpflichtet ist, die Arbeitsschutzbestimmungen und die Arbeitsbedingungen am Ort der Leistung einzuhalten, zudem oblag es aufgrund der Arbeitsrapporte ebenfalls dem Einsatzbetrieb, die Arbeitszeitaufzeichnungen ihrer Angestellten zu kontrollieren und zu unterzeichnen, und schliesslich lag die Verantwortung für die Planung und Koordination der einzelnen Arbeitseinsätze alleine beim Einsatzbetrieb, welcher die Dispositionsbefugnis behielt.
Sachverhalt
Die X. AG führt im Auftrag diverser Bahnunternehmen in der Schweiz Bau- und Unterhaltsarbeiten an Gleistrassees durch. Anlässlich einer Kontrolle des Betriebs betreffend die Einhaltung der gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten im Januar 2014 stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) fest, dass die X. AG die notwendigen Schritte zur Umsetzung des Arbeitsgesetzes (ArG) nicht eingeleitet hatte. Am 20. März 2014 verfügte das AWA, die X. AG habe umgehend die Vorschriften des ArG einzuhalten. Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Anordnung drohte das AWA der X. AG ein Vorgehen nach ArG 51/2 (Erlass einer Verfügung mit Strafandrohung) an, wies auf ArG 52 (Massnahmen des Verwaltungszwangs) hin und behielt sich eine Anzeige nach ArG 59 ff. vor. Weiter verpflichtete es die X. AG, bis spätestens am 15. Oktober 2014 eine Liste der von ihr von Juli bis September 2013 im Bereich Gleisbau beschäftigten Arbeitnehmenden einzureichen.
Den gegen diese Verfügung des AWA erhobenen Rekurs der X. AG wies die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hiess die von der X. AG dagegen erhobene Beschwerde teilweise (in einem Nebenpunkt) gut und wies sie im Übrigen ab. Mit Beschwerde ans Bundesgericht beantragte die X. AG, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich und die Verfügung des AWA seien aufzuheben.
Geltungsbereich des ArG im Allgemeinen
Das ArG ist grundsätzlich auf alle öffentlichen und privaten Betriebe anwendbar, sofern sie nicht ausdrücklich davon ausgenommen sind. Ein Betrieb im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn ein Arbeitgeber dauernd oder vorübergehend einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigt, unabhängig davon, ob bestimmte Einrichtungen oder Anlagen vorhanden sind. Wenn die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gesetzes nur für einzelne Teile eines Betriebes gegeben sind, ist das Gesetz nur auf diese anwendbar (ArG 1). Anwendbar ist das ArG auf alle Arbeitnehmenden von unterstellten Betrieben, soweit nicht eine Ausnahme vom persönlichen Geltungsbereich besteht, wie z.B. für höhere leitende Angestellte. Der Begriff Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin im Sinne des ArG ist weiter gefasst als im Sinne des OR. Gemäss Wegleitung des SECO spricht man laut Gesetz von Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin, wenn sich eine Person bei der Ausübung einer Tätigkeit in eine fremde Arbeitsorganisation einordnen muss und wenn die Arbeitsleistung in persönlicher Unterordnung zu erfolgen hat, die Ausübung der Arbeit also an eine klare Weisung des Arbeitgebers gebunden ist. Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind also auch Personen, deren Dienste gemietet sind (von einer Leiharbeitsfirma), die ein Praktikum oder ein Volontariat absolvieren.
Verantwortlicher Betrieb nach ArG
Der Begriff des Betriebs ist im Gesetz bewusst sehr weit gefasst. Es darf daraus aber nicht geschlossen werden, dass der Betrieb im Sinne des ArG mit dem Arbeitgeber identisch ist. Es ist sehr wohl möglich, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Betriebsinhaber, sondern mit einem Dritten besteht, wie beispielsweise bei der Leiharbeit. Der Betrieb ist dann jenes Unternehmen, welches die Direktionsgewalt ausübt und die Arbeit organisiert.
Im vorliegenden Fall war unbestritten, dass es im Zusammenhang mit der Erbringung von Gleisbauarbeiten durch die X. AG während der Monate Juli bis September 2013 zu zahlreichen Verstössen gegen das ArG gekommen ist. Ebenfalls unbestritten war, dass das AWA gehalten war, die von ihm anlässlich der Kontrolle des Betriebs der X. AG gestellten Zuwiderhandlungen zu rügen und gegenüber dem fehlbaren Betrieb eine Verwarnung auszusprechen. Streitig war jedoch, ob die X. AG die richtige Adressatin der Verwarnung war. Die X. AG macht geltend, aufgrund der mit den einzelnen Bahnunternehmen bestehenden Verträge läge die Verantwortung für die Einhaltung der relevanten Bestimmungen des ArG nicht bei ihr, sondern bei den Bahnunternehmen. Aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtungen habe sie ihre Mitarbeitenden an die Bahnunternehmungen verliehen, so dass der ihr verbleibende Handlungsspielraum hinsichtlich der Länge der Einsätze ihrer Angestellten verschwindend klein sei. Die Vertragsverhältnisse wiesen Parallelen zum klassischen Personalverleih auf, weshalb die Pflichten aus dem ArG auf die Vertragspartner zu verteilen sei.
In Anlehnung an diverse Bestimmungen der Rahmenwerkverträge hat die Vorinstanz festgestellt, dass das Bahnunternehmen zwar jeweils den Ort, die Zeit und die Art der einzelnen Arbeitseinsätze der Maschinen der X. AG und der diese bedienenden Fachkräfte bestimmt und damit faktisch befugt ist, den Arbeitsteams der X. AG Zielweisungen bezüglich Arbeitsort und Einsatzzeitpunkt sowie Verhaltensweisungen hinsichtlich Arbeitsbeginn, Arbeitszeit und Unfallverhütung zu geben. Dennoch ist gemäss ausdrücklicher Vereinbarung (Rahmenwerkverträge) die X. AG verpflichtet, die Arbeitsschutzbestimmungen und die Arbeitsbedingungen am Ort der Leistung einzuhalten, wobei sie bei Verletzung der genannten Pflichten den Bahnen eine Konventionalstrafe schuldet. So hat die Vorinstanz auch festgestellt, dass es aufgrund der sich in den Akten befindlichen Arbeitszeitrapporte der X. AG und nicht den Bahnunternehmen obliegt, die Arbeitszeitaufzeichnungen ihrer Angestellten zu kontrollieren und zu unterzeichnen. Schliesslich liegt die Verantwortung für die Planung und Koordination der einzelnen Arbeitseinsätze gemäss den Feststellungen der Vorinstanz alleine bei der X. AG, welche die Dispositionsbefugnis behält. Gemäss Bundesgericht hat die Vorinstanz daraus zu Recht den Schluss gezogen, dass die X. AG unter den Betriebsbegriff gemäss ArG 1/1 bzw. ArG 1/2 fällt und sie daher die richtige Adressatin der Verwarnung des AWA ist.
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