In der Regel besteht der Lohn aus einem Zeitlohn. Seit einiger Zeit hat jedoch der Leistungslohn an Bedeutung gewonnen. Eine Art des Leistungslohns bildet die Provision. Unter Provision versteht man im allgemeinen eine Vergütung, die sich prozentual nach dem Wert einzelner vom Arbeitnehmer vermittelter oder abgeschlossener Geschäfte bestimmt. Sie kommt vor allem bei Verkaufs- und Serviceangestellten sowie bei Handelsreisenden vor. Das Obligationenrecht enthält einige allgemeine Vorschriften zur Provision und einige – in dieser Ausgabe nicht behandelte – Sondervorschriften für Handelsreisende. Die Provision ist klar zu unterscheiden von z.B. einem Bonus (der nicht gesetzlich geregelt, aber oft als Gratifikation gemäss OR 322d ausgestaltet ist) und vom Anteil am Geschäftsergebnis nach OR 322a.
Anspruchsvoraussetzungen
Ein Provisionsanspruch setzt gemäss OR 322b/1 und 3 Folgendes voraus:
a) Provisionsabrede
b) Rechtsgültiger Geschäftsabschluss mit einem Kunden
c) Ausführung des Geschäfts durch den Arbeitgeber (ausser dieser habe die Nichtausführung verschuldet)
d) Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den Kunden.
Dabei handelt es sich bei den Buchstaben c) und d) um dispositive Bestimmungen, d.h. sie können vertraglich wegbedungen werden. Sind sie nicht wegbedungen und auch nicht erfüllt, so fällt der Provisionsanspruch nachträglich dahin. Nur wenn der Arbeitgeber den Abschluss des Geschäftes wider Treu und Glauben verhindert, schuldet er die Provision. Erfolgt kein Geschäftsabschluss, weil die Konkurrenz Preisnachlässe gewährte oder der Arbeitgeber wegen ungenügender Organisation den Kunden nicht für sich gewinnen konnte, stellt dies kein treuwidriges Verhalten dar (Urteil Obergericht des Kantons Luzern vom 23. April 2002 in JAR 2003 S. 188).
Bei nur teilweiser Erfüllung wird die Provision verhältnismässig herabgesetzt. Bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung (z.B. Abzahlungsverträge) und bei Versicherungsverträgen kann schriftlich verabredet werden, dass der Provisionsanspruch auf jeder Rate mit ihrer Fälligkeit oder ihrer Leistung entsteht. OR 322b/2.
Selbstverständlich setzt der Provisionsanspruch auch einen Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Arbeitnehmers und dem abgeschlossenen Geschäft voraus. Dafür genügt es, dass das Geschäft ohne die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht zustande gekommen wäre.
Pflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf jeden Fälligkeitstermin eine schriftliche Abrechnung mit Angabe der provisionspflichtigen Geschäfte zu übergeben, sofern der Arbeitnehmer nicht selber zur Aufstellung der Provisionsabrechnung vertraglich verpflichtet ist. Zudem hat er dem Arbeitnehmer oder an dessen Stelle einem gemeinsam bestimmten oder vom Richter bezeichneten Sachverständigen die nötigen Aufschlüsse zu geben und Einsicht in die für die Abrechnung massgebenden Bücher und Belege zu gewähren, soweit dies zur Nachprüfung erforderlich ist. OR 322c.
Fälligkeit der Provision
Die Provision ist Ende jedes Monats auszurichten, sofern nicht eine kürzere Frist verabredet oder üblich ist. Erfordert die Durchführung von Geschäften jedoch mehr als ein halbes Jahr, so kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit der Provision für diese Geschäfte hinausgeschoben werden. OR 323/2.
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. auch die Provisionsforderungen fällig. Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit wie folgt hinausgeschoben werden: in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre. OR 339/2.
Provisionen während Abwesenheiten des Arbeitnehmers
Umstritten ist oft, ob und in welcher Höhe Provisionen während Abwesenheiten des Arbeitnehmers z.B. infolge Krankheit oder Ferien weiter zu bezahlen sind. Besteht eine generelle Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers, so beinhaltet diese auch Provisionen. Diese sind dann auf durchschnittlichen Umsatzwerten und unter Berücksichtigung saisonaler Schwankungen zu berechnen.
Für die Ferien könnte eine praktische Lösung des Problems wie folgt aussehen: man fügt zu jeder Provisionszahlung die Ferienentschädigung (z.B. 8,33% für vier Wochen Ferien) hinzu.
Zahlung eines Vorschusses auf die Provisionen
Das Bundesgericht hatte im BGE 129 III 118 folgende Vertragsklausel zu beurteilen: Um dem Arbeitnehmer ein regelmässiges Einkommen zu sichern, bezahlt ihm der Arbeitgeber monatlich Fr. 3500.- als Vorschuss auf die Provisionen; am Ende des Kalenderjahres bezahlt ihm der Arbeitgeber einen allfällig bestehenden positiven Saldo aus. In der Folge erhielt der Arbeitnehmer regelmässig monatliche Lohnabrechnungen, worauf unter der Rubrik „salaire de base“ der Betrag von total Fr. 8500.- (dem Fixum von Fr. 5000.- und dem vereinbarten Vorschuss entsprechend) aufgeführt war. Da am Ende des Jahres ein negativer Saldo ausgewiesen wurde, forderte der Arbeitgeber die als Vorschüsse zuviel bezahlten Beträge zurück. Das Bundesgericht kam – unserer Ansicht nach etwas leichtfertig – zum Schluss, dass keine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers bestehe, da die als Vorschüsse bezahlten Beträge zugesicherte Mindestprovisionen darstellen würden.
Aus diesem Urteil wird wieder einmal klar ersichtlich, dass es sich sehr empfiehlt, die Vertragsgestaltung möglichst präzise vorzunehmen und alle vorstellbaren Eventualitäten mit Vorteil schriftlich festzuhalten. So hätte im erwähnten Fall die Vertragsklausel zum Schutz des Arbeitgebers zusätzlich eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers bei einem negativen Saldo am Jahresende vorsehen sollen.
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