Der Arbeitnehmer ist während der Ferien lohnmässig gleich zu behandeln, wie wenn er während dieser Zeit gearbeitet hätte. Der Ferienlohn beinhaltet neben dem Grundlohn auch regelmässig wiederkehrende Zulagen. An auf Provisionsbasis bezahlte Arbeitnehmer muss grundsätzlich auch während der Ferien ein Lohn bezahlt werden. Dabei ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen, ob die Berechnung nach dem Referenzperioden- oder dem Lohnausfallprinzip vorzunehmen ist.
Im Allgemeinen
Nach OR 329d/1 hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für ausfallenden Naturallohn zu entrichten. Gemäss Bundesgericht darf der Arbeitnehmer während der Ferien lohnmässig nicht anders behandelt werden, als wenn er während dieser Zeit gearbeitet hätte. Damit wollte es ausdrücken, dass der Arbeitnehmer während seiner Ferien nicht einer Reduktion oder einer Streichung seines Einkommens ausgesetzt sein darf, was ihn zur Weiterarbeit bewegen und so den Ferienzweck, nämlich die Erholung, gefährden könnte. Mit anderen Worten, der Arbeitnehmer muss weiter den üblichen Lohn erhalten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf einen erhöhten Lohn hat, denn das ist nicht das, was OR 329d/1 anstrebt.
Welcher Lohn ist während der Ferien geschuldet? Grundsätzlich alles, was Lohnbestandteil ist, inklusive Sozialzulagen wie Teuerungs-, Orts-, Kinder-, Familien- und Alterszulagen. Hingegen ist bei Zulagen, die an erschwerte Arbeitsbedingungen anknüpfen wie Schicht-, Hitze-, Staub-und Gefahrenzulagen sowie Zulagen für Nacht- oder Sonntagsarbeit, zu unterscheiden. Diese sind in der Regel während der Ferien nur geschuldet, wenn es sich dabei um regelmässig wiederkehrende Zulagen handelt und der Arbeitnehmer mit ihrer Auszahlung auch während der Ferien rechnen kann. In diesem Fall sind die Auslagen fester Lohnbestandteil.
Kein Lohnbestandteil ist hingegen alles, was Auslagenersatz ist und während der Ferien nicht anfällt. Bei pauschalisierten Spesen ist jedoch jeweils zu prüfen, ob diese allenfalls einen versteckten Lohnanteil beinhalten. Dies wäre dann der Fall, wenn die Pauschalspesen klar höher sind als die tatsächlich anfallenden Auslagen. Ein versteckter Lohnanteil ist auch während der Ferien geschuldet.
Der Ferienlohn bemisst sich gemäss herrschender Lehre nach der im Bezugszeitpunkt geltenden Lohnhöhe und nicht nach dem im Entstehungsjahr massgebenden (meist tieferen) Lohn. Wird am Ende des Arbeitsverhältnisses ein bestehender Feriensaldo ausbezahlt, ist der zuletzt bezahlte Lohn massgebend.
Referenzperioden- oder Lohnausfallprinzip bei variablen Lohnbestandteilen
Ist der Arbeitnehmer auf Provisionsbasis bezahlt, muss er auch während der Ferien einen Lohn erhalten. Die Rechtsprechung unterscheidet zwei Berechnungsmethoden: Die Pauschalberechnung (in der Lehre Referenzperiodenprinzip genannt) und die individuelle Berechnung (in der Lehre Lohnausfallprinzip genannt). Nach dem Referenzperiodenprinzip dient das tatsächlich erzielte Einkommen während einer bestimmten mehr oder weniger langen Dauer als Kriterium. Auf diesem Einkommen berechnet sich die Ferienentschädigung von z.B. 8,33% für vier Wochen Ferien pro Jahr. Nach dem Lohnausfallprinzip erhält der Arbeitnehmer die gleichen Provisionen, die er tatsächlich erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte. Gemäss Bundesgericht sollte bei Provisionen in der Regel das Referenzperiodenprinzip angewendet werden, es sei denn aus den Umständen des Einzelfalls sei klar ersichtlich, dass es nicht möglich ist, ein der Realität entsprechender Ferienlohn zu ermitteln. In diesem Fall ist das Lohnausfallprinzip zu bevorzugen.
In Ausnahmefällen wird der Arbeitgeber von der Bezahlung eines Ferienlohns befreit. Die erste Ausnahme betrifft den Fall, dass der Verlust der Provisionen während der Ferien durch grössere Aufträge oder vermehrte Vertragsabschlüsse vor oder nach den Ferien des Arbeitnehmers kompensiert werden kann. Die Lehre erwähnt dazu das Beispiel des Handelsreisenden, der Mineralwasser an Restaurationsbetriebe zu verkaufen hat. Diese würden ihren Bestand vor seinen Ferien erhöhen und danach wieder auffüllen. In diesem Fall könnte der Arbeitgeber zur Auszahlung eines Vorschusses gehalten werden. Die zweite Ausnahme betrifft die Situation, in welcher der Vertrag eine Provision, berechnet auf allen Geschäften des Jahres, vorsieht und der Arbeitgeber jeden Monat Akonto-Zahlungen leistet, vorbehältlich einer Schlussabrechnung am Ende des Geschäftsjahres.
Rechtsprechung
Im Urteil 4A_225/2018 ging es um eine Vertriebsmitarbeiterin. Ihr Lohn beinhaltete einen fixen (CHF 2’000.–) und einen variablen Teil. Am Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte sie u. a. noch den Ferienlohn für den variablen Teil zwischen März 2014 und Juli 2015, da sie während der Ferien nur den fixen Lohn erhalten hatte. Die Provisionen wurden nicht über das ganze Jahr bezahlt, sondern variierten jeden Monat je nach Anzahl validierter Verträge oder verkaufter Kundenkarten. Die Vertriebsmitarbeiterin war somit während der Ferien in einer weniger vorteilhaften Situation, als wenn sie gearbeitet hätte. Somit verurteilte das Bundesgericht den Arbeitgeber zur Bezahlung von 8,33% Ferienlohn auf dem in der Zeit zwischen März 2014 und Juli 2015 erzielten variablen Lohn von CHF 18’232.–.
Anders war die Ausgangslage im Urteil 4A_285/2015 bezüglich eines Immobilienmaklers. Dieser hatte keinen Anspruch auf einen proportionalen Anteil an den Provisionen, die er während der Ferien verdient hätte und die sein Jahressalär erhöht hätten. Der Immobilienmakler erhielt regelmässig während des ganzen Jahres erhebliche Provisionen auf seinen persönlichen Geschäften. Somit musste er während seiner Ferien nicht allein von seinem Grundgehalt leben. Während seiner Ferien wurde er somit nicht in eine weniger vorteilhafte Situation gebracht, als wenn er gearbeitet hätte. Gemäss Bundesgericht spielte es keine Rolle, dass die Vergütung von Monat zu Monat variierte. Die Schwankungen wurden nicht durch den Bezug von Ferien des Immobilienmaklers verursacht, sondern erklärten sich einfach dadurch, dass sein Lohn nicht vom Umfang der ausgeübten Tätigkeit abhing, sondern von seinen Erfolgen.
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