Befristeter Arbeitsvertrag und berufliche Vorsorge

1. Februar 2007

Befristeter Arbeitsvertrag und berufliche Vorsorge

Arbeitsverträge können unbefristet oder befristet abgeschlossen werden. Die Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts (OR 319 – 343) sind für beide Vertragstypen anwendbar. Dasselbe gilt grundsätzlich auch in Bezug auf die Regelungen der beruflichen Vorsorge. Obligatorisch BVG-versichert ist ein Arbeitnehmer, wenn er die altersmässigen Voraussetzungen erfüllt und insoweit der erzielte AHV-pflichtige Lohn die im Gesetz bestimmten Limiten übersteigt. Dies gilt auch bei befristeten Arbeitsverträgen von mehr als drei Monaten. Von der Versicherungspflicht hingegen ausgenommen sind Arbeitnehmer mit einem auf drei Monate oder eine kürzere Zeit befristeten Arbeitsvertrag. Wird das Arbeitsverhältnis jedoch über die Dauer von drei Monaten hinaus verlängert, so sind sie von dem Zeitpunkt an versichert, in dem die Verlängerung vereinbart wurde (BVG 2, BVV2 1j/1/b). Von zentraler Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Fragen, wann ein Arbeitsvertrag gültig befristet ist, und falls er gültig befristet ist, wie diese Drei-Monats-Grenze auszulegen ist.

Gültige Befristung

Ein befristetes Arbeitsverhältnis liegt dann vor, wenn nicht nur dessen Beginn, sondern auch dessen Beendigung zum Voraus bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Dabei kann die Befristung durch Zeitbestimmung erfolgen oder durch ein Ereignis gebildet sein, von dem gewiss ist, dass es eintritt, aber ungewiss wann. Ferner kann die Befristung durch Umschreibung des Zwecks oder Umfangs der Arbeitsleistung festgelegt sein oder durch eine genau festgelegte Anzahl von Arbeitseinheiten (Stücken) bestimmt werden (Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Mai 2003 / BV.2001.00045). Befristungen des Arbeitsvertrags müssen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer objektiv bestimmt oder zumindest objektiv bestimmbar sein. Demzufolge darf bei ereignisabhängigen Befristungen der Eintritt des Ereignisses nicht durch eine der Parteien allein bewirkt werden können, d.h. insbesondere nicht einseitig vom Willen des Arbeitgebers abhängig sein, ansonsten das Arbeitsverhältnis als unbefristet gelten würde.

Im oben erwähnten Entscheid war vertraglich Folgendes vereinbart: „Durée de la mission: Inférieure à 3 mois“. Strittig war, ob das Arbeitsverhältnis dadurch gültig befristet war und damit weniger als drei Monate dauerte oder nicht. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich führte aus, dass diese Formulierung völlig offen lasse, wie lange das Arbeitsverhältnis dauern sollte. Damit wäre eine Dauer von einem Tag bis zu drei Monaten abzüglich eines Tages möglich. Es bedürfe somit einer weiteren Willenserklärung, um den Arbeitsvertrag enden zu lassen. Deshalb sei keine gültige Befristung des Arbeitsvertrags gegeben. Somit sei von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Da die übrigen Voraussetzungen von BVG 2/1 ebenfalls erfüllt waren, war der Arbeitnehmer für die Dauer seiner Anstellung – sowie während der Nachdeckungszeit von einem Monat gemäss BVG 10/3 für die Risiken Tod und Invalidität – bei der Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers obligatorisch versichert.

Höchstens drei Monate

Das Eidgenössische Versicherungsgericht hatte ebenfalls einen Fall zu beurteilen (Urteil B 105/05 und B108/05 vom 21. April 2006), in dem strittig war, ob die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin bei ihrer Vorsorgeeinrichtung hätte anmelden und versichern müssen. Unbestritten war dabei die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin in der Zeit vom 26. Februar bis am 1. Juni 2001 bei der Firma X. angestellt war. Diese rechtfertigte ihre Nichtanmeldung bei ihrer Vorsorgeeinrichtung damit, es sei ein auf rund drei Monate befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen worden, wobei die erste Märzwoche mit den letzten drei Arbeitstagen des Monats Februar (Montag, 26. Februar bis Mittwoch, 28. Februar) und die letzte Maiwoche (dauernd bis Donnerstag, 31. Mai) mit dem ersten Arbeitstag des Monats Juni (Freitag, 1. Juni) „aufgefüllt“ worden seien. Entgegen der Meinung der kantonalen Vorinstanz kam das Eidgenössische Versicherungsgericht zum Schluss, dass es in Bezug auf diese drei Monate keine Toleranzen und deshalb auch keine Ausnahmebehandlung gebe. Der Wortlaut dieser Bestimmung (BVV2 1j/1/b) stimme in den drei Sprachversionen überein und sei klar, d.h. eindeutig und unmissverständlich. Ein ausnahmsweises Abweichen davon wäre nur zulässig, wenn triftige Gründe dafür vorlägen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Dies sei jedoch nicht der Fall. Ziel dieser Regelung sei es, die Vorsorgeeinrichtungen bei kurzzeitig aufeinander folgenden Ein- und Austritten ihrer Versicherten administrativ zu entlasten. Dabei sei die Grenze für die Kurzzeitigkeit auf höchstens drei Monate festgelegt, was immer Fälle nach sich ziehe, die ganz wenig daneben liegen, jedoch keine Ausnahmeregelung rechtfertigen.

Da mit dem Arbeitseinsatz der Arbeitnehmerin vom 26. Februar bis am 1. Juni 2001 die Grenze von höchstens drei Monaten eindeutig überschritten worden war, brauchte nicht weiter abgeklärt zu werden, ob es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag (auf eine Dauer von über drei Monaten) gehandelt hat oder ob ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorlag, welches durch das Eintreten der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin beendet wurde, wie von der Arbeitgeberin geltend gemacht. In beiden Fällen ist BVV2 1j/1/b nicht anwendbar. Deshalb wurde die Arbeitgeberin verpflichtet, der Arbeitnehmerin für die Zeit vom 26. Februar bis am 1. Juni 2001 nachträglich bei ihrer Vorsorgeeinrichtung zu versichern und die entsprechenden BVG-Beiträge zu entrichten.

Kommentar

Auf Grund dieser Ausführungen empfiehlt sich für den Arbeitgeber, der einen befristeten Arbeitsvertrag abschliessen will, zweierlei: Erstens hat er durch eine klare vertragliche Regelung (mit Vorteil schriftlich) dafür zu sorgen, dass das Arbeitsverhältnis als gültig befristet gilt, und zweitens hat er sich bei der Festlegung der Vertragsdauer bewusst zu sein, dass die Drei-Monats-Grenze keine Ausnahmeregelung zulässt. Dies ist entscheidend, wenn es um die Frage geht, ob ein Arbeitnehmer BVG-versichert werden muss, und kann die Vorsorgeeinrichtung vor überraschenden finanziellen Konsequenzen bewahren.


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