Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit

1. Mai 2000

Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat in einer umstrittenen Rechtsfrage am 15. Oktober 1999 ein Arbeitsverhältnis als Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeitsverhältnis beurteilt und dem Beschwerde führenden Arbeitnehmer damit den Anspruch auf weitere Beschäftigung und Lohn verwehrt.

Sachverhalt

Der Kläger war vom 20. Oktober 1997 bis am 7. September 1998 in sich folgenden Einsätzen als Gateway Service Agent tätig. Seine Lohnforderung bis Ende April 1999 in der Höhe von Fr. 16‘682.85 wies das Gewerbliche Schiedsgericht mit Entscheid vom 27. Mai 1999 ab.

Qualifikation des Arbeitsverhältnisses

Begriffe

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob es sich beim eingegangenen Arbeitsverhältnis um Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit oder um so genannte Arbeit auf Abruf handelt. Arbeit auf Abruf definiert sich als Teilzeitarbeit, die im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages geleistet wird und bei welcher Zeitpunkt, Dauer und mitunter auch Umfang im Einzelfall festgelegt werden. Dagegen zeichnet sich Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit dadurch aus, dass für jeden einzelnen, zeitlich begrenzten Arbeitseinsatz ein neuer, in der Regel befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird.

Wenn der Arbeitgeber keine Zusicherungen einer wiederholten oder sogar regelmässigen Inanspruchnahme der Arbeitskraft gemacht hat und der Arbeitnehmer jederzeit das Recht hat, einen ihm vorgeschlagenen Arbeitseinsatz abzulehnen, dann ist blosse Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit anzunehmen. Die fehlende vertragliche Bindung der Parteien über das Ende des vereinbarten Arbeitseinsatzes hinaus ist also ein Merkmal der Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit. Mit dem Verzicht auf diese Bindung verzichten die Parteien auch auf den beim Abschluss eines Arbeitsvertrages ansonsten zwingenden Schutz der minimalen gesetzlichen Kündigungsfristen. Das Arbeitsverhältnis endigt somit in diesen Fällen ohne Kündigung mit dem Ablauf der jeweils vereinbarten Einsatzzeit.

Der Wille der Parteien

Ob ein Arbeitsverhältnis als Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit oder als Arbeit auf Abruf im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu qualifizieren ist, hängt massgeblich vom Willen der Parteien ab. Lässt sich ein solcher nicht mehr feststellen, ist er gemäss OR 18 Abs. 1 durch objektivierte Auslegung nach Treu und Glauben zu ermitteln. Dabei ist neben dem Wortlaut der Vereinbarung auf die gesamten Umstände des Vertragsabschlusses und der Vertragserfüllung abzustellen. 

Laut dem als „Arbeitsvertrag (Temporär Angestellter)“ bezeichneten Vertrag sollte der „Rahmenarbeitsvertrag für temporäre Mitarbeiter“ Anwendung finden. Darin verpflichtete sich der Arbeitnehmer, „auf Gesuch“ der Arbeitgeberin „bei gegenseitigem Einvernehmen“ als temporärer Mitarbeiter tätig zu sein. Ebenfalls war festgehalten, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ende jedes Einsatzes „ohne vorherige Kündigung“ erlöscht, wobei für einzelne unbefristete Einsätze eine Kündigungsregelung getroffen worden ist.

Die einzelnen Arbeitseinsätze variierten in den Monaten Oktober 1997 bis Februar 1998 zwischen 40,75 und 49 Stunden, im Dezember waren es 70,75 Stunden. Nach einem prüfungsbedingten Unterbruch im März betrugen die Einsätze in den Monaten April bis Juli 1998 77,5 bis 115,5 Stunden, im August 1998 noch 61 Stunden. Ab 9. September 1998 verzichtete die Arbeitgeberin auf weitere Einsätze. Laut Zeugenaussage habe der Beschwerdeführer einzelne Einsätze auch ablehnen können. Er habe auch ein- bis zweimal am Morgen angerufen und gesagt, er könne entgegen seiner Zusage nicht kommen. Zudem hat die Zeugin die Behauptung des Beschwerdeführers bestritten, ihm bei der Anstellung zugesichert zu haben, er könne regelmässig zwei- bis dreimal pro Woche arbeiten.

Aufgrund dessen kam das Gericht zum Schluss, dass zwar mit einer gewissen Regelmässigkeit Einsätze von erheblichem Umfang geleistet worden sind, dass sich aber beide Parteien bei der Vereinbarung der einzelnen Einsätze ihre Abschlussfreiheit gewahrt haben. Dies zeigt sich auch in den starken Schwankungen des Umfangs und den vom Beschwerdeführer gewünschten und im Grundsatz auch nicht bestrittenen Einsatzunterbrüchen. Daraus geht deutlich hervor, dass die einzelnen Einsätze nur in gegenseitigem Einverständnis zustande gekommen sind und die Parteien haben frei bleiben wollen, solche zu vereinbaren oder davon abzusehen. Damit sind grundsätzlich die Voraussetzungen für die Qualifikation als Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit gegeben.

Dauer des Aushilfsarbeitsverhältnisses

Falls ein Aushilfsarbeitsverhältnis mit regelmässigen Einsätzen längere Zeit dauert, kann das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses auf Abruf unter Umständen nach Treu und Glauben geschützt werden. Nach der Praxis des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt ergibt sich aber ein solcher Schutz des Vertrauens erst nach einem einjährigen Bestand eines Aushilfsarbeitsverhältnisses. Das zu beurteilende Arbeitsverhältnis hat jedoch lediglich 10,5 Monate gedauert. Zudem bestehen keine besonderen Umstände, wonach der Beschwerdeführer auf den Bestand eines befristeten Arbeitsvertrages auf Abruf hätte vertrauen dürfen. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers liegt auch kein unzulässiger Kettenarbeitsvertrag vor.

 

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