Ven, 8 décembre 2023
Der durch die Covid-19-Pandemie auferlegte «Hausarrest» führte bekanntlich an zahlreichen Arbeitsorten dazu, dass von zuhause aus remote gearbeitet werden musste. Das sogenannte Homeoffice, auch alternierende Telearbeit genannt, hat sich seither als Arbeitsform etabliert und die Tür für weitere Möglichkeiten geöffnet. Wenn vom Küchentisch in der eigenen Wohnung aus gearbeitet werden kann, wieso denn nicht auch von der Terrasse des Ferienhauses in Spanien? Neben der Telearbeit im Ausland ist neuerdings der Begriff «Workation» aufgekommen, welcher von Ersterem unterschieden werden muss und welchem sich der vorliegende Beitrag widmet.
Als modernes, neu aufkommendes Thema ist Workation in der Rechtslandschaft noch nicht klar eingebettet. Das Gesetz regelt dieses Konstrukt als solches nicht und spezifische Rechtsprechung dazu gibt es bisher ebenso wenig. Somit ist auch klar, dass kein gesetzlicher Anspruch von Mitarbeitenden auf Workation besteht. Bis die Erfahrung und die Gerichte handfeste Vorgaben liefern, wie mit diesem Rechtskonstrukt umzugehen ist, lohnt es sich bereits jetzt, genauer hinzuschauen, da es zahlreiche rechtliche Fragen aufwirft. Vorliegend wollen wir daher diese Neuheit aus der Arbeitgeberperspektive betrachten und erste Hinweise und Anhaltspunkte liefern, die den Umsetzenden als Orientierungshilfe dienen sollen.
Workation beinhaltet die beiden Komponenten work und vacation (Arbeit und Ferien). Somit liegt u.E. ein Workation-Aufenthalt vor, wenn der Arbeitnehmende einen privaten Aufenthalt im Ausland verbringt und während dieser beschränkten Zeit Arbeit und Ferien kombiniert, dabei aber seinen festen Wohnsitz im Ursprungsland behält.
Workation ist daher zu unterscheiden vom mobilen Arbeiten im Ausland (remote work abroad). Diese Arbeitsform ist insofern weniger heikel als Workation, als dass hier der Ferienaspekt nicht berücksichtigt werden muss. Bei Workation gelten die Ferien als Teilbestandteil, weshalb sichergestellt werden muss, dass der Ferienzweck durch das Zusammenspiel mit der Arbeit nicht vereitelt wird und die Erholung der Arbeitnehmenden gewährleistet ist. Es besteht sodann eine Gefahr von Work-Life-Blending, die dem Arbeitgeber gewisse Pflichten auferlegt.
Workation-Aufenthalte sind mit verschiedenen Compliance-Risiken verbunden. Der Arbeitgeber ist in der Verantwortung, diesen Rechnung zu tragen und ihnen möglichst entgegenzuwirken. Nachfolgend werden im Sinne eines Tour d’Horizon die wichtigsten Risiken aufgeführt. Dabei sei vermerkt, dass jedes Risikofeld ein spezifisches Fachwissen fordert, weshalb der Beizug entsprechender Spezialisten bzw. Fachbehörden im Einzelfall angezeigt ist.
Mit Blick auf das Zielland des Workation-Aufenthalts stellt sich zunächst die Frage der gültigen Arbeitsberechtigung der Mitarbeitenden. Insbesondere muss dabei zwischen EU/EFTA- und Drittstaaten unterschieden werden. Je nach Land bestehen unterschiedliche Anforderungen an Bewilligungen/Visa für den Aufenthalt. Der Arbeitgeber ist in der Pflicht sicherzustellen, dass sich seine Mitarbeitenden legal im Ausland aufhalten.
Dasselbe gilt mit Blick auf die Sozialversicherungsdeckung der Arbeitnehmenden. Auch hier muss in Bezug auf die Bestätigung der Weiterführung der Schweizer Sozialversicherungen insbesondere zwischen EU/EFTA- und Drittstaaten unterschieden werden. Fällt das Zielland unter die erste Kategorie, müssen die Arbeitnehmenden bei ihrer Einreise grundsätzlich eine Entsendebescheinigung A1 vorweisen können. Bei Drittstaaten müssen sie grundsätzlich im Besitz eines Certificate of Coverage (CoC) sein. Insbesondere wenn kein Sozialversicherungsabkommen mit dem Zielland besteht, kann das Sicherstellen einer genügenden Versicherungsdeckung kostspielig werden.
Vom arbeitsrechtlichen Standpunkt aus gesehen gilt es darauf hinzuweisen, dass zwingende Bestimmungen des Arbeitsrechts dem Territorialitätsprinzip unterliegen und der Arbeitgeber demzufolge die Arbeitnehmerschutzregeln des Workation-Ziellands kennen und deren Einhaltung sicherstellen muss. Zudem stellt sich die Frage der Arbeitszeit im Zusammenhang mit der Reisezeit. Da die gesetzlichen Regelungen der Schweiz nur landesintern gelten, bedarf es für die Handhabung der Reisezeit im Ausland einer vertraglichen Regelung. Eine solche darf keine grobe Benachteiligung der Arbeitnehmenden zur Folge haben. Da Mitarbeitende im Rahmen von Workation auch Ferien beziehen, trägt der Arbeitgeber im Weiteren das Risiko, dass er die Ferien nachgewähren muss, wenn der Erholungszweck durch diese nicht erfüllt wird. Bei Missachtung des Erholungszwecks der Ferien ist ebenfalls eine Verletzung des Gesundheitsschutzes der Mitarbeitenden denkbar, welche der Arbeitgeber zu verhindern hat. Daher ist es angezeigt, die Einteilung von Arbeit und Ferien im Vornherein zu klären.
Ebenso wichtig und nicht zu vernachlässigen sind der Datenschutz und die Datensicherheit. Der Arbeitgeber bleibt verantwortlich für den datenschutzkonformen Umgang mit Daten, welche die Mitarbeitenden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit im Ausland bearbeiten. Es müssen die in der Schweiz geltenden Sicherheitsvorschriften sowie jene im Zielland eingehalten werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass auch Kundenverträge datenschutzrechtlich gewisse Anforderungen festlegen können, die es ebenfalls zu beachten gilt.
Auch mit Blick auf das Steuerrecht bestehen potenzielle Problempunkte. Im Vordergrund steht dabei das Betriebsstätten-Risiko. Es besteht u.U. die Gefahr, dass Arbeitnehmende unbeabsichtigt eine Betriebsstätte im Ausland bilden und damit eine Körperschaftssteuerpflicht des Arbeitgebers begründen. Besonders Management-Tätigkeiten im Ausland können problematisch sein. Auch hier ist das Treffen risikominimierender Massnahmen durch den Arbeitgeber angezeigt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Einkommenssteuer greifen kann. Bei Staaten mit einem Doppelbesteuerungsabkommen entsteht eine Steuerpflicht in der Regel, wenn der Aufenthalt mehr als 183 Tage dauert; bei solchen Ländern ohne Abkommen bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts. Missachten die Mitarbeitenden lokale Pflichten, kann dem Arbeitgeber möglicherweise ein Reputationsschaden daraus entstehen. Auch dies sollte im Hinterkopf behalten werden.
Schliesslich bleibt zu erwähnen, dass der Arbeitgeber auch Business-Risiken ins Auge fassen sollte, bevor er Workation-Möglichkeiten anbietet. Auswahlweise kann hier auf die Produktivität und Qualität der Arbeit (auch mit Blick auf die im Zielland gegebene Infrastruktur) sowie auf das allenfalls herausfordernde Management, insbesondere angesichts der möglichen Kommunikations- und Verfügbarkeitsbarrieren (bspw. wegen Zeitverschiebung, Qualität der Internetverbindung etc.), hingewiesen werden.
Mit Vordenk- und Vorleistungsarbeit können die potenziellen Compliance-Risiken bereits stark minimiert werden. Es wird dem Arbeitgeber empfohlen Workation-Möglichkeiten gut durchzudenken und nachfolgenden Empfehlungen zu folgen:
Mit dem Gesagten wird deutlich, dass Workation einerseits ein attraktives Angebot für die Arbeitnehmenden bedeutet und folglich als Werbeargument bei der Stellenausschreibung genutzt werden kann. Andererseits muss sich der Arbeitgeber der Risiken und Aufgaben bewusst sein, die mit Workation-Aufenthalten von Mitarbeitenden auf ihn zukommen. Vor(denk)arbeit sowie eine genaue Prüfung der einzelnen Workation-Fälle lohnen sich!
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