Lun, 3 avril 2000
In unserer schnelllebigen Zeit stellt sich vermehrt die Frage, inwieweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neue Aufgaben übertragen oder ihm einen anderen Arbeitsort zuweisen kann, ohne eine Änderungskündigung vornehmen zu müssen. Zuerst soll der Spielraum, den das Gesetz dem Arbeitgeber bietet, dargelegt werden. Anschliessend sollen vertragliche Regelungsmöglichkeiten, wie dieser Spielraum ausgeweitet beziehungsweise das Arbeitsverhältnis flexibler gestaltet werden kann, erörtert werden.
Gesetzliche Regelung
Allgemeines und Schranken des Weisungsrechts
Das Arbeitsverhältnis ist ein Unterordnungsverhältnis, was sich darin zeigt, dass der Arbeitgeber über die Ausführung der Arbeit und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb allgemeine Anordnungen erlassen und ihnen besondere Weisungen erteilen kann und dass der Arbeitnehmer diese nach Treu und Glauben zu befolgen hat (OR 321d). Der Arbeitgeber verfügt also im Rahmen des Arbeitsvertrages über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers für seine Zwecke und Bedürfnisse, jedoch nur im Rahmen des für den Arbeitnehmer Zumutbaren.
Dieses Weisungsrecht ist gesetzlich in dreierlei Hinsicht eingeschränkt, nämlich durch Bestimmungen im Bereich des Persönlichkeitsschutzes, des Arbeitsschutzes und durch OR 20, wonach rechts- und sittenwidrige Weisungen nichtig sind und nicht befolgt werden müssen. Gemäss OR 328 hat der Arbeitgeber die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Weisungen, die in die Persönlichkeit des Arbeitnehmers eingreifen, können aber nur insoweit gerechtfertigt sein, als es das Arbeitsverhältnis erfordert (JAR 1983 S. 91 f., 1984 S. 102 f.). Im Bereich des Arbeitsschutzes wird das Weisungsrecht eingeschränkt durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen wie z.B. die Höchstarbeitszeiten oder kantonale Ladenschlusszeiten und durch das Mitwirkungsgesetz, welches dem Arbeitnehmer gewisse Informations- und Mitwirkungsrechte einräumt.
Aufgaben
Art und Umfang einer Arbeitsleistung ergeben sich in erster Linie aus der vertraglichen Umschreibung oder aus der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb. Im Zweifel gilt nach herrschender Lehre und Rechtsprechung, was in Branche, Beruf, Betrieb und am Ort desselben üblich ist. So sind Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitnehmern der gleichen Art ausgeführt werden, grundsätzlich von jedem Arbeitnehmer zu übernehmen, z.B. muss die Verkäuferin auch Staubwischen, der Lastwagenchauffeur kleine Reparaturen ausführen, dagegen der gewerbliche Arbeitnehmer nicht Arbeiten im Haushalt erledigen.
Arbeitsort
Der Ort der Arbeitsleistung ist die gesamte Reichweite der Arbeitsorganisation, in die der Arbeitnehmer eingegliedert ist. Somit entspricht der Arbeitsort eines Arbeitnehmers mit Kundenkontakt (z.B. Monteur oder Handwerker) dem Kundenkreis des Unternehmens.
Kraft seines Weisungsrechts kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch ohne dessen Zustimmung an einen anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes versetzen, sofern damit keine Lohnkürzung verbunden ist. Eine Versetzung in einen anderen Betrieb desselben Arbeitgebers ist hingegen durch einseitige Anordnung nur zulässig, wenn sie dem Arbeitnehmer zumutbar und nicht schikanös ist. Dasselbe gilt betreffend Betriebsverlegung an einen anderen Ort. Entscheidend ist auch hier die Zumutbarkeit des neuen Arbeitsweges, da ein Umzug und damit die Aufgabe des aktuellen Lebensmittelpunktes nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers verlangt werden kann.
Vertragliche Regelung
Hier soll aufgezeigt werden, wie sich der Arbeitgeber mittels Vertragsklauseln bereits bei Vertragsabschluss eine gewisse Flexibilität schaffen kann bzw. sich selber einschränkt.
Aufgaben
Es ist grundsätzlich weder nötig noch empfehlenswert, bei der vertraglichen Umschreibung der Arbeitsleistung Vollständigkeit anzustreben. Sinnvoll kann aber die Aufnahme z.B. folgender Klausel im Arbeitsvertrag sein: „Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, unter besonderen Voraussetzungen (Dringlichkeit, Ausfälle wegen Krankheit, Ferien, usw.) zusätzliche nach den Umständen erforderliche Arbeiten zu verrichten.“ (J. Brühwiler, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 1996, N 2 zu Art. 321OR). Auch für Arbeitnehmer mit verschiedenen Funktionen ist es empfehlenswert, die Tätigkeiten in einem Pflichtenheft festzuhalten.
Arbeitsort
Gemäss Bundesgericht verletzt eine Vereinbarung, die es dem Arbeitgeber später erlaubt, den Arbeitnehmer an eine beliebige Zweigstelle zu versetzen, jedenfalls dann die Persönlichkeit des Arbeitnehmers und ist nichtig, wenn vertraglich ein fester Arbeitsort vereinbart ist (JAR 1991, S. 114 ff.). Umfasst eine Arbeitsorganisation mehrere Betriebe, so ist das Arbeitsverhältnis namentlich dann nur für einen Betrieb begründet, wenn der Arbeitsort im Arbeitsvertrag ausdrücklich erwähnt wird (JAR 1988, S. 153 f.). Wird ein Arbeitnehmer aufgrund eines vertraglichen Rückrufsrechtes des Arbeitgebers vorzeitig von einem Auslandeinsatz zurückgerufen, so entfällt sein Anspruch auf Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die nur für die Dauer des Auslandeinsatzes vereinbart waren (BGE 116 II 145 ff.).
Quelle: AJP 4/99, Übertragung neuer Aufgaben und Zuweisung eines neuen Arbeitsortes ohne Änderung des Arbeitsvertrages von R. Müller.
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