Das Bundesgericht hat im BGE 124 III 469 ff. entschieden, dass ein Verzicht auf Überstundenentschädigung nur gültig ist, soweit er sich auf zukünftige Leistungen bezieht.
Sachverhalt
W. wurde durch die X. S.A. per 1. Juni 1973 als Verantwortlicher des Fotoateliers angestellt. Seit 1986 arbeitete er als Kalkulator. Im Brief, welcher seine Anstellungsbedingungen abänderte, war vorgesehen, dass die Überstunden, welche nicht kompensiert würden, trimesterweise auf der Basis des Stundenlohnes ausbezahlt würden. 1993 wurde W. aufgrund einer Fusion mit allen Rechten und Pflichten von der Z. S.A. übernommen. Anfang 1994 wollte die neue Firma seine Überstundenregelung neu festlegen. In einem Brief an die Servicechefs erklärte die Direktion, dass nur die von den Mitarbeitern ausdrücklich verlangten Stunden als Überstunden betrachtet und folglich entschädigt würden. W. war nicht Servicechef. Ob er von diesem Schreiben Kenntnis hatte, ist nicht erwiesen.
W. leistete bis Februar 1994 total 472,75 Überstunden und verlangte am 14. März 1994 von seiner Arbeitgeberin deren Auszahlung. Am 17. März 1994 erklärte diese, 200 Stunden davon mit dem März-Lohn zu bezahlen. Auf den folgenden Lohnblättern sind die geleisteten Überstunden stets nachgeführt worden.
Am 19. Juni 1996 warf die Z. S.A. W. schriftlich vor, seine Ferien ohne Bewilligung zwei Tage verlängert zu haben. In diesem Brief erinnerte sie W. an eine Unterredung vom Mai 1995, in der festgelegt worden sei, dass die Arbeit in der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden erledigt werden sollte und dass keine Überstunde mehr akzeptiert würde, ausser sie sei von der Arbeitgeberin ausdrücklich angeordnet. In demselben Brief erklärte die Arbeitgeberin, dass die Langsamkeit von W. die einzige Ursache der Überstunden sei und dass sie deshalb das Überstundenkonto auf Null zurückstelle. W. hat diesen Brief gegengezeichnet.
Am 18. Juli 1996 kündigte die Z. S.A. den Arbeitsvertrag mit W. auf den 31. Oktober 1996. Am 20. September 1996 stellte sie W. frei. Am 27. März 1997 klagte W. insbesondere auf Bezahlung von Fr. 37'861.- plus Zinsen als Entschädigung für geleistete Überstunden. Die Beklagte Z. S.A. widersetzte sich dem Begehren.
Erwägungen des Bundesgerichts
Gemäss Art. 321c Abs. 3 OR hat der Arbeitgeber für die Überstundenarbeit Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel bemisst, sofern die Überstundenarbeit nicht durch Freizeit ausgeglichen wird und nichts anderes schriftlich verabredet oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist. Der Art. 321c Abs. 3 OR ist nur teilweise zwingend. Die Parteien können davon abweichen, aber nur durch schriftliche Abrede, durch Normalarbeitsvertrag oder durch Gesamtarbeitsvertrag. Dass Art. 321c Abs. 3 OR nicht in den Art. 361 und Art. 362 OR unter den absolut und relativ zwingenden Bestimmungen aufgeführt ist, ist nicht von Bedeutung, denn diese Aufzählungen sind nicht abschliessend. So sind unter anderem Normen, die selber eindeutig vorsehen, unter welchen Formvoraussetzungen und innerhalb welcher materieller Schranken Abweichungen gültig sind, absolut oder relativ zwingend (BBl 1984 II 616). Aufgrund dieser Feststellung ist damals Art. 321c Abs. 3 OR aus der Aufzählung der absolut zwingenden Bestimmungen in Art. 361 OR gestrichen worden.
Auch unter der Annahme, dass der Arbeitnehmer die Erklärungen der Arbeitgeberin akzeptiert hätte, wären diese mangels Nichteinhaltung der Formvorschriften des Art. 321c Abs. 3 OR ohne rechtliche Wirkung geblieben. Das Einverständnis des Arbeitnehmers wäre nur gültig gewesen, wenn es schriftlich erfolgt wäre.
Im weiteren stellte sich die Frage, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Juni 1996 gültig vereinbaren konnten, dass die bis im Mai 1995 geleisteten Überstunden nicht entschädigt würden. Gemäss Art. 341 Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und einen Monat nach dessen Beendigung auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes ergeben, nicht verzichten.
Im BGE 105 II 39 ff. hat das Bundesgericht erklärt, dass Art. 321c Abs. 3 OR den Verzicht des Arbeitnehmers auf die Bezahlung bereits geleisteter Überstunden nicht zulasse. Doch leitete sich in diesem Entscheid das Recht der Bezahlung aus einem Gesamtarbeitsvertrag ab und nicht einfach aus Art. 321c Abs. 3 OR. Zudem war der Verzicht des Arbeitnehmers nicht schriftlich erklärt worden.
In der Lehre ist die Frage, ob Art. 321c Abs. 3 OR den Arbeitnehmer daran hindere, auf die Bezahlung bereits geleisteter Überstunden zu verzichten, umstritten. Aus den Vorbereitungsarbeiten zu Art. 321c Abs. 3 OR ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber den Verzicht auf die Bezahlung von zukünftigen Überstunden, deren Entschädigung pauschal im Lohn inbegriffen war, im Auge hatte (BBl 1967 II 306), und nicht den Verzicht auf die Bezahlung bereits geleisteter Überstunden.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer mangels einer formell gültigen Vereinbarung Anspruch auf Bezahlung der bis im Mai 1995 geleisteten Überstunden. Da sich dieses Recht aus einer zwingenden Bestimmung – Art. 321c Abs. 3 OR – ergibt, konnte der Arbeitnehmer vor dem 30. November 1996 nicht darauf verzichten. Unter diesen Umständen gab es keinen Grund, den Brief vom 19. Juni 1996 auszulegen. Aber sogar wenn man diesen Brief im Sinne des Arbeitgebers auslegen müsste, wäre ein solcher Verzicht nichtig.
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