In den gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Ferien lassen sich ausgedehnte Reisen oder Studienaufenthalte meist nicht verwirklichen. Deshalb stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen muss oder ob der Arbeitgeber bereit ist, ihm einen unbezahlten Urlaub zu gewähren. Der unbezahlte Urlaub wird im Gesetz nirgends ausdrücklich erwähnt und es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf unbezahlten Urlaub in diesem Sinn. Wird ein unbezahlter Urlaub vereinbart, so ruhen während dieser Zeit die beiden Hauptpflichten – Arbeitspflicht und Lohnzahlungspflicht – des Arbeitsvertrages. Aber auch die damit im engsten Zusammenhang stehenden Nebenrechte und –pflichten (wie Weisungsrecht und Fürsorgepflicht) sind eingeschränkt.
Gesetzlich geregelt sind folgende Fälle des unbezahlten Urlaubs im weiteren Sinn: die Gewährung von üblichen freien Stunden und Tagen (OR 329 III), die acht von den Kantonen den Sonntagen gleichgestellten Feiertage (ArG 20a), die Zeit der Schwangerschaft, während der die Schwangere auf blosse Anzeige hin von der Arbeit fernbleiben oder diese verlassen darf (ArG 35a II) sowie der unbezahlte Urlaub für ausserschulische Jugendarbeit (OR 329e). Auf diese Fälle wird in der Folge nicht weiter eingetreten.
Lohnfortzahlung nach OR 324a
Vereinbaren die Parteien einen unbezahlten Urlaub, so entfällt der Anspruch auf Lohnzahlung auch dann, wenn der Arbeitnehmer während der Urlaubszeit arbeitsunfähig ist und diese nicht wie geplant nutzen kann. Die Lohnfortzahlungspflicht setzt aber nach Ablauf des vereinbarten unbezahlten Urlaubs selbst dann wieder ein, wenn der Arbeitnehmer z.B. infolge Krankheit die Arbeit nicht wieder aufnehmen kann.
Sozialversicherungen
Unter der Annahme, dass der Arbeitnehmer während des unbezahlten Urlaubs weiterhin in der Schweiz Wohnsitz hat und keine Erwerbstätigkeit im Ausland ausübt, gilt Folgendes:
AHV-rechtlich kann bei längerem unbezahltem Urlaub eine Beitragslücke entstehen. Dies ist dann der Fall, wenn in einem Kalenderjahr weniger als der minimale AHV/IV/EO-Beitrag (zur Zeit Fr. 425.-) bezahlt wird. Um eine Beitragslücke zu verhindern, hat der Arbeitnehmer selber noch im entsprechenden Kalenderjahr die fehlenden Beiträge einzuzahlen.
Bei einem unbezahlten Urlaub von mehr als 30 Tagen ist der Arbeitnehmer nicht mehr gegen Nichtberufsunfälle versichert. Es empfiehlt sich, den Arbeitnehmer darauf aufmerksam zu machen, dass er eine Abredeversicherung für maximal 180 Tage abschliessen kann. Ansonsten hat der Arbeitnehmer seiner Krankenkasse mitzuteilen, dass eine eventuell bestehende Sistierung des Unfallschutzes aufzuheben sei.
Ist der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber kollektiv krankentaggeldversichert, ist mit dem Versicherer die Versicherungsdeckung zu prüfen. Besteht keine oder eine zu kurze Nachdeckung für die Zeit des unbezahlten Urlaubs, kann eine zusätzliche Deckungsvereinbarung für diese Zeit sinnvoll sein. Ansonsten sollte der Arbeitnehmer über die Deckungslücke gemäss Versicherungsvertrag und deren Auswirkungen informiert werden.
Bei einem unbezahlten Urlaub von mehr als einem Monat ist der Arbeitnehmer nicht mehr gegen die Risiken Invalidität und Tod BVG-versichert. Eine freiwillige Weiterzahlung der Beiträge und entsprechende Weiterversicherungsabrede mit der Pensionskasse kann sinnvoll sein. Die Folgen eines unbezahlten Urlaubs im überobligatorischen Bereich bestimmen sich unter Vorbehalt von OR 331 III nach dem Reglement der Vorsorgeeinrichtung.
Der Anspruch auf Kinderzulagen während einem unbezahlten Urlaub richtet sich nach der entsprechenden kantonalen Gesetzgebung.
Bezüglich der Arbeitslosenversicherung ist zu berücksichtigen, dass ein unbezahlter Urlaub nicht an die Beitragszeit angerechnet wird.
Anrechnung an Dienstjahre
Keinen Einfluss hat ein unbezahlter Urlaub auf Ansprüche, die sich auf die Anzahl Dienstjahre beziehen, wie beispielsweise Kündigungsfristen (OR 335c) oder Abgangsentschädigung (OR 339b). Mit anderen Worten ausgedrückt, die Dauer eines unbezahlten Urlaubs wird bei den Dienstjahren mitgerechnet.
Ferienanspruch
Die Frage, ob während einem unbezahlten Urlaub kein Ferienanspruch besteht oder ob er lediglich gekürzt werden kann, ist in der Lehre umstritten. Wir vertreten die Meinung, dass es sich beim unbezahlten Urlaub nicht um eine Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers handelt, sondern um eine Vereinbarung über die Suspendierung des Arbeitsverhältnisses für eine bestimmte Zeit. Auf Grund dieser Suspendierung besteht überhaupt kein Ferienanspruch während des unbezahlten Urlaubs.
Kündigung
Der Arbeitgeber kann während eines gewährten unbezahlten Urlaubes den Arbeitsvertrag kündigen, die Kündigungsfrist beginnt jedoch erst mit der Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Urlaub zu laufen. Analog verhält es sich, wenn beispielsweise ein unbezahlter Urlaub vom 17. März bis am 30. Juni vereinbart wird und der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag am 11. Februar unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von vier Monaten auf den 30. Juni kündigt. In diesem Fall ist die Kündigung ebenfalls gültig, jedoch erst auf den 31. Oktober.
Kommentar
Ist der Arbeitgeber zur Gewährung von unbezahltem Urlaub bereit, empfiehlt es sich, im Einzelarbeitsvertrag oder Personalreglement die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien während dem unbezahlten Urlaub detailliert zu vereinbaren und je nach Dauer des unbezahlten Urlaubs in den einzelnen Sozialversicherungen die notwendigen Vorkehrungen zu treffen beziehungsweise Zusatzversicherungen abzuschliessen.
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