Ein schriftlich vereinbartes Konkurrenzverbot ist nur verbindlich, wenn das Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse gewährt und die Verwendung dieser Kenntnisse den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte (OR 340/2). Besteht kein ausreichender Kausalzusammenhang zwischen den erworbenen Spezialkenntnissen und der Schädigungsmöglichkeit, kann ein Konkurrenzverbot nicht durchgesetzt werden. In Bezug auf den Einblick in den Kundenkreis kann dies dann der Fall sein, wenn entweder die Beziehungen zwischen Kundschaft und Arbeitgeber vorwiegend persönlicher Natur sind und auf den besonderen Fähigkeiten des Arbeitgebers beruhen, oder wenn der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung erbringt, die vorwiegend von seinen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers.
Persönliche Fähigkeiten des Arbeitgebers
Vor langer Zeit hat das Bundesgericht entschieden (BGE 78 II 39), dass der Arbeitnehmer hinsichtlich des Einblicks in die Kundschaft aus einem solchen keinen Nutzen ziehen kann, wenn die Beziehungen zwischen der Kundschaft und dem Arbeitgeber vorwiegend persönlicher Natur sind und auf den besonderen Fähigkeiten des Arbeitgebers beruhen. In diesem Fall verschafft die Kenntnis der Kundschaft als solche dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, die zwischen dem Arbeitgeber und dessen Kundschaft bestehende Bindung zu unterbrechen oder auch nur zu lockern. Daher kann ein angesehener Arzt seinem Assistenten oder ein bekannter Anwalt seinem Praktikanten kein Konkurrenzverbot auferlegen. Gewiss ist es auch in Fällen dieser Art möglich, dass der Arbeitnehmer der ärztlichen Praxis oder der Anwaltskanzlei, die er verlässt, einen erheblichen Schaden zufügt. Das hat aber seinen Grund nicht oder wenigstens nicht wesentlich in der Kenntnis der Kundschaft des Arbeitgebers, sondern es ist vielmehr eine Auswirkung der persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers, deren Entfaltung im Wettbewerb OR 340 keine Fesseln anlegen will.
Persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers
Vor kürzerer Zeit hat das Bundesgericht die Möglichkeit gehabt, sich mit der umgekehrten Situation zu befassen, das heisst mit dem Fall, in dem eine persönliche Beziehung zwischen dem Kunden und dem Arbeitnehmer, in diesem Fall ein Zahnarzt, bestand (Entscheid 4C.100/2006 vom 13. Juli 2007). Die Beziehung zwischen einem Zahnarzt in einer Zahnarztpraxis im üblichen Rahmen und seinem Patienten ist von einem ganz besonderen Vertrauensverhältnis geprägt. Der Patient ist bei einer Konsultation eines Zahnarztes nicht nur am erfolgreichen und fachgerechten Behandlungsresultat interessiert, sondern ebenso sehr an der Art und Weise der Behandlung als solcher. Diese spezifische Behandlungsart ist denn auch besonders ursächlich für das spezielle Vertrauensverhältnis zwischen einem Zahnarzt und seinem Patienten. Der Patient bleibt seinem Zahnarzt nicht treu, weil dieser seine Krankengeschichte kennt, sondern weil er zu diesem ein im dargelegten Sinne besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Dadurch war gemäss Bundesgericht der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Einblick in den Kundenkreis und der Möglichkeit einer erheblichen Schädigung unterbrochen und das Konkurrenzverbot somit ungültig. Dieser Rechtsprechung hat die Lehre einhellig zugestimmt für die Fälle, in denen die Beziehung zwischen der Kundschaft und dem Arbeitnehmer vorwiegend auf dessen persönlichen Fähigkeiten beruht und die Identität des Arbeitgebers in den Hintergrund tritt.
Im BGE 138 III 67 hat das Bundesgericht erwogen, dass ein Konkurrenzverbot basierend auf dem Einblick in den Kundenkreis nur dann rechtmässig ist, wenn der Arbeitnehmer dank seiner Kenntnis der regelmässigen Kunden und ihrer Gewohnheiten diesen leicht analoge Dienstleistungen zu denjenigen des Arbeitgebers vorschlagen und sie diesem so entziehen kann. Nur in einer solchen Situation ist die Verwendung der Kenntnisse des Kundenkreises gemäss OR 340/2 geeignet, den Arbeitgeber erheblich schädigen zu können. Gemäss Bundesgericht ist es tatsächlich legitim, dass sich der Arbeitgeber durch ein Konkurrenzverbot in einem bestimmten Mass dagegen schützen kann. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer mit dem Kunden eine persönliche Beziehung knüpft, indem er ihm Dienstleistungen erbringt, die vorwiegend von den persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers abhängen, und der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers. Wenn sich der Kunde in einer solchen Situation vom Arbeitgeber abwendet um dem Arbeitnehmer zu folgen, hat dies seinen Grund in den persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers und nicht einfach in der Tatsache, dass dieser Einblick in den Kundenkreis hatte. Um das Konkurrenzverbot auszuschliessen, muss der Arbeitnehmer dem Kunden eine Dienstleistung erbringen, welche sich gemäss Bundesgericht durch eine starke persönliche Komponente charakterisiert. Ob dies der Fall ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Konkret hatte das Bundesgericht im BGE 138 III 67 Konkurrenzverbote mit zwei „training coach senior“ zu beurteilen. Die persönlichen Fähigkeiten der Schulungsleiter wurden angeblich gemäss Kundeneinschätzung mit 70% bewertet. Ebenfalls in die Beurteilung einbezogen wurden die rhetorischen Fähigkeiten der Schulungsleiter und die positiven Reaktionen der Zuhörer. Dabei wurde nicht festgestellt, dass die Schulungsleiter eine besondere Unterrichtsmethode anwendeten oder dass ihre Mittel zur Unterstützung der Präsentation eine besonders wichtige Rolle spielten. Für die Firmenkunden von Weiterbildungsseminaren war von entscheidender Bedeutung, dass die Schulungsleiter die Fähigkeit haben, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sich klar auszudrücken und den Stoff verständlich zu vermitteln. Somit genügte der Einblick in den Kundenkreis als solcher nicht, um den Arbeitgeber erheblich zu schädigen, im Gegenteil resultierte der erlittene Schaden vorwiegend aus den persönlichen Fähigkeiten der Arbeitnehmer. Daher war das Konkurrenzverbot ungültig.
Kein genereller Ausschluss für bestimmte Berufsarten
Bei den so genannten freien Berufen, zu denen vor allem Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Architekten und Ingenieure zu zählen sind, sind Konkurrenzverbote in der Regel unstatthaft oder zumindest nur in sehr stark abgeschwächter Form zulässig. Doch auch bei diesen Berufen schliesst das Bundesgericht die Zulässigkeit von arbeitsrechtlichen Konkurrenzverboten nicht generell aus. Wie bei anderen Berufsarten, bei denen die persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers bei den Kunden entscheidende Bedeutung haben (z.B. Treuhänder, Vermögensverwalter, Coiffeure, Kosmetikerinnen, Tanzlehrer), ist auch bei den freien Berufen immer auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzustellen.
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