Die Verbindlichkeit eines Konkurrenzverbots ist jeweils anhand der konkreten Umstände des einzelnen Falls zu beurteilen, dies gilt für jede Berufsart, so auch für die Personalvermittlungsbranche und die Kosmetikbranche. Im Zusammenhang mit dem Einblick in den Kundenkreis gilt es jeweils abzuklären, ob die Leistungen des Arbeitnehmers überwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt sind, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers. Ist dies der Fall, ist das Konkurrenzverbot nicht verbindlich.
Einblick in den Kundenkreis - Persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer dank seiner Kenntnis der Stammkunden und ihrer Gewohnheiten in der Lage ist, selber ähnliche Leistungen wie sein Arbeitgeber zu erbringen und damit Kunden abzuwerben. Denn in diesem Fall kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber aufgrund des Einblicks in den Kundenkreis und der Verwendung dieser Kenntnisse erheblich schädigen. Anders ist die Situation hingegen, wenn der Arbeitnehmer Leistungen erbringt, die überwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt sind, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers. Wendet sich in einem solchen Fall ein Kunde vom Arbeitgeber ab, um dem Arbeitnehmer zu folgen, resultiert für den Arbeitgeber kein Nachteil daraus, dass der Arbeitnehmer Kenntnisse über den Kundenkreis verwendet. Der Nachteil entsteht ihm vielmehr dadurch, dass der Arbeitnehmer seine persönlichen Fähigkeiten nicht mehr für den Arbeitgeber einsetzt.
Personalvermittlungsbranche
Der Arbeitsvertrag eines Senior Consultant einer Personalberatungsfirma enthielt ein Konkurrenzverbot während zwei Jahren in der ganzen Schweiz mit einer Konventionalstrafe in der Höhe von 50% des Jahreszielgehalts beim Austritt. Strittig war vor Bundesgericht (Urteil 4A_286/2017), ob zwischen dem Einblick in den Kundenkreis und der erheblichen Schädigungsmöglichkeit ein Kausalzusammenhang bestand. Die Personalberatungsfirma machte geltend, der Kausalzusammenhang zwischen «Kundengeheimnissen» und Schädigungsmöglichkeit müsse bezüglich der «konkreten Arbeitsposition in objektiver Hinsicht» gegeben sein und dürfe nicht von der «Unverfrorenheit und systematischen Durchsetzungskraft eines individuellen Verkaufstalents» abhängen, ansonsten die Verbindlichkeit eines Konkurrenzverbots nicht von der konkreten Arbeitsstelle, sondern von den unterschiedlichen individuellen Persönlichkeiten der jeweiligen Arbeitnehmer abhängig wäre. Gemäss Bundesgericht ist die «konkrete Arbeitsposition in objektiver Hinsicht» zwar zu berücksichtigen. Jedoch ist für jeden Fall gesondert zu prüfen, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich ausgeübt wurde, weshalb die individuellen Fähigkeiten entgegen der Ansicht der Personalvermittlungsfirma ebenfalls relevant sind. Die Verbindlichkeit eines Konkurrenzverbots ist also jeweils anhand der konkreten Umstände des einzelnen Falls zu beurteilen. Dies gilt für die Personalvermittlungsbranche ebenso wie für jede andere Berufsart. Demnach ist das Vorbringen der Personalberatungsfirma, ein breiter und treuer Kundenstamm sei in der Personalverleih- und Vermittlungsbranche beziehungsweise im Dienstleistungsgewerbe allgemein unerlässlich, weshalb die ständige Rechtsprechung davon ausgehe, dass auch Personalberater rechtsverbindliche Konkurrenzverbote eingehen könnten, unbehelflich. Wie gesagt, legte der Arbeitnehmer ein «besonderes Talent und eine besondere Unverfrorenheit» im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit an den Tag. Die Personalberatungsfirma sah sich nach dessen Abgang sodann gezwungen, die Personalvermittlung im Bau- und Immobilienbereich trotz guter Kontakte zur Immobilienbranche vorübergehend gänzlich aufzugeben. Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz, wonach die persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers gegenüber der Identität der Personalberatungsfirma vorrangig waren. Somit fehlte es am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Einblick in den Kundenkreis und der erheblichen Schädigungsmöglichkeit, und das Konkurrenzverbot war folglich unverbindlich.
In einem anderen Fall vor Bundesgericht (Urteil 4A_680/2015) enthielt der Arbeitsvertrag eines Personalberaters eines Personalvermittlungsunternehmens ein Konkurrenzverbot während zwei Jahren in einem Umkreis von 100 km um den Hauptarbeitsplatz mit einer Konventionalstrafe in der Höhe des sechsfachen Monatsgehalts. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit als Personalberater an. Er machte geltend, das Konkurrenzverbot sei nicht verbindlich, denn im vorliegenden Fall beruhe der Erfolg, den er bei den Kunden gehabt habe, nicht auf Kenntnissen des Kundenkreises, sondern auf seinen persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten. Gemäss Vorinstanz lagen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor, wonach die «Bande des Kunden zum Betrieb des Arbeitgebers» in erster Linie auf den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers beruhte. Der Arbeitnehmer konnte auch nicht ansatzweise dartun, inwiefern im vorliegenden Fall die Kunden – die er ja nach eigenen Angaben gar nicht gekannt haben will – seinen persönlichen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beigemessen haben sollen als der Identität des Personalvermittlungsunternehmens. Das Konkurrenzverbot war somit verbindlich und der Arbeitnehmer schuldete eine Konventionalstrafe von Fr. 25‘800.-.
Kosmetikbranche
Dem Urteil 4A_261/2013 des Bundesgerichts lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitsvertrag einer Kosmetikerin (Geschäftsführerin im Bereich Haarentfernung) enthielt ein Konkurrenzverbot während drei Jahren mit einer Konventionalstrafe von Fr. 250‘000.-. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm die Kosmetikerin bei einem nur wenige Meter entfernten Konkurrenzbetrieb die gleiche Funktion auf. Die Kosmetikerin anerkannte, Einblick in die verschiedenen administrativen Tätigkeiten der Arbeitgeberin gehabt zu haben und sowohl für die Kunden als auch für die Lieferanten die Kontaktperson gewesen zu sein. Die Vorinstanz bejahte einen Kausalzusammenhang zwischen dem Einblick in den Kundenkreis und der Möglichkeit einer erheblichen Schädigung und somit die Verbindlichkeit des Konkurrenzverbots. Die Kunden würden der Kosmetikerin nicht aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten zu ihrer neuen Arbeitgeberin folgen, sondern vielmehr wegen ihrer bei der Arbeitgeberin erworbenen Spezialkenntnisse im Bereich der Haarentfernung. Die Schädigungsmöglichkeit durch Einblick in den Kundenkreis ist gemäss Bundesgericht insbesondere dann zu bejahen, wenn die Arbeitnehmerin mit den Kunden ihres Arbeitgebers in Kontakt gekommen und mit deren Wünschen und Anliegen bekannt geworden ist und damit die Möglichkeit hat, allfällige Angebote erfolgversprechend zu gestalten und frühzeitig auf die konkreten Bedürfnisse des Kunden auszurichten. Da die Kosmetikerin selber Haarentfernungen an Kunden durchgeführt hat, waren diese Anforderungen erfüllt. Das Bundesgericht bestätigte entsprechend das Urteil der Vorinstanz als nicht willkürlich und die Kosmetikerin schuldete somit die von der Vorinstanz gesprochene Konventionalstrafe von Fr. 28‘000.-.
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