Auf Grund der Globalisierung und der Personenfreizügigkeit sehen sich Arbeitgeber vermehrt mit Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug konfrontiert. Die vorliegende Ausgabe zeigt auf, in welchen Situationen welches nationale Recht von Gesetzes wegen zwingend anzuwenden ist bzw. inwieweit die Vertragsparteien mittels ausdrücklich vereinbarter Rechtswahl das anwendbare Recht selber bestimmen können. Nicht behandelt wird die Frage, welches nationale Recht hinsichtlich der verschiedenen Sozialversicherungen anwendbar ist.
Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG)
Bei Arbeitsverträgen mit Auslandsbezug bestimmt sich das anwendbare Recht – unter Vorbehalt von Staatsverträgen – nach dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dieser Anknüpfungspunkt des Arbeitsortes gilt dann, wenn die Arbeit gewöhnlich nur in einem Staat ausgeübt wird. In diesem Fall ist es bedeutungslos, wenn der Arbeitnehmer zwischendurch Arbeiten in einem anderen Staat verrichtet. Wird die Arbeit gewöhnlich in mehreren Staaten verrichtet, so untersteht der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung oder, wenn eine solche fehlt, der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Arbeitgebers befindet (IPRG 121). Bei der Unterscheidung, ob die Tätigkeit gewöhnlich nur in einem oder in mehreren Staaten ausgeübt wird, kommt es nicht bloss auf die Aufenthaltsdauer an, sondern es ist vielmehr auch eine Gewichtung der Tätigkeiten vorzunehmen.
Das nationale Recht, auf welches das IPRG verweist, ist ausnahmsweise nicht anwendbar, wenn nach den gesamten Umständen offensichtlich ist, dass der Sachverhalt mit diesem Recht in nur geringem, mit einem anderen Recht jedoch in viel engerem Zusammenhang steht. Dies gilt aber nicht, wenn die Parteien eine Rechtswahl getroffen haben (IPRG 15). Zu beachten ist auch IPRG 125, wonach Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten dem Recht des Staates unterstehen, in dem sie tatsächlich erfolgen. Diese Ausnahmeregelung könnte z.B. für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen zur Anwendung kommen.
Die Vertragsparteien haben die Möglichkeit einer beschränkten ausdrücklichen Rechtswahl wie folgt: Sie können den Arbeitsvertrag dem Recht des Staates unterstellen, in dem der Arbeitnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder in dem der Arbeitgeber seine Niederlassung, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (IPRG 121/3). Die Parteien können aber nicht das Recht am Ort einer beliebigen Niederlassung des Arbeitgebers wählen, welche keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat.
Vorbehalten bleiben Bestimmungen des schweizerischen Rechts, die wegen ihres besonderen Zwecks, unabhängig von dem durch das IPRG bezeichneten Recht, zwingend anzuwenden sind (IPRG 18), dies für den Fall, dass ein Betrieb in der Schweiz einen Arbeitnehmer im Ausland beschäftigt. Dazu gehören vor allem Schutzvorschriften des Arbeitsgesetzes (ArG), die nach der so genannten Rezeptionsklausel in OR 342/2 einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erfüllung begründen, z.B. arbeitsgesetzliche Zulagen bei Nacht oder Sonntagsarbeit sowie bei Überzeitarbeit und arbeitsgesetzliche Lohnfortzahlungsansprüche bei Mutterschaft. Die Anwendung eines ausländischen Rechts wird durch IPRG 18 jedoch nicht gehindert, wenn es einen weitergehenden Arbeitnehmerschutz kennt. Beschäftigt hingegen ein im Ausland gelegener Betrieb Arbeitnehmer in der Schweiz, sind die Bestimmungen des ArG anwendbar, soweit dies nach den Umständen möglich ist (ArG 1/3).
Entsendegesetz (EntsG)
Das Entsendegesetz wurde als eine der flankierenden Massnahmen zum Freizügigkeitsabkommen mit der EU erlassen. Danach müssen Arbeitgeber mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland (EU/EFTA-Raum und Drittstaaten), welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, diesen mindestens die Arbeits- und Lohnbedingungen garantieren, die in Bundesgesetzen, Verordnungen des Bundesrates, allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen zwingend vorgeschrieben werden. Dazu zählen die minimale Entlöhnung, die Arbeits- und Ruhezeit, die Mindestdauer der Ferien, die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, der Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen und die Nichtdiskriminierung, namentlich die Gleichbehandlung von Frau und Mann (EntsG 2/1).
Diese minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen fallen auch unter die in IPRG 18 vorbehaltenen Bestimmungen des schweizerischen Rechts und sind auf entsandte Arbeitnehmer unmittelbar anzuwenden, auch wenn auf den Arbeitsvertrag nach den Kollisionsnormen des IPRG ausländisches Recht anwendbar ist. Das Gleiche gilt selbst dann, wenn die Parteien im Arbeitsvertrag eine Rechtswahl zu Gunsten eines ausländischen Rechts getroffen haben. Mit Ausnahme der Bereiche des Bauhaupt- und Baunebengewerbes sowie des Hotel- und Gastgewerbes gelten die Mindestvorschriften bezüglich Entlöhnung und Ferien nicht für Arbeiten von geringem Umfang (höchstens 15 Arbeitstage pro Kalenderjahr) sowie bei Montagen oder erstmaligen Einbauten, die weniger als acht Tage dauern und Bestandteil eines Warenlieferungsvertrages bilden (EntsG 4, EntsV 3).
Kommentar
Bei internationalen Arbeitsverhältnissen sind die Bestimmungen des OR nur dann anwendbar, wenn Gesetz oder eine Rechtswahl der Vertragsparteien das schweizerische Recht als anwendbar erklären. Es empfiehlt sich in jedem Fall sehr, im Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Rechtswahl vorzunehmen, damit sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer von vornherein klar ist, welche Bestimmungen gelten sollen und jede Unsicherheit über das anzuwendende Recht ausgeschlossen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine von den Kollisionsnormen im IPRG abweichende Rechtswahl nur beschränkt im Rahmen von IPRG 121/3 möglich ist. Und zudem ist zu beachten, dass trotz ausdrücklicher Rechtswahl eventuell einzelne zwingende Bestimmungen des Rechts eines anderen Staates anzuwenden sind. Gleichzeitig empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag einen Gerichtsstand zu vereinbaren (IPRG 5).
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