Das Arbeitsgesetz (ArG), dessen Hauptzweck der Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers ist, regelt die Arbeits- und die Ruhezeiten. Gemäss Art. 46 ArG i.V.m. Art. 73 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen die Verzeichnisse und anderen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die die für den Vollzug des ArG und dessen Ausführungsverordnungen notwendigen Angaben enthalten. Der Arbeitgeber muss ein vollständiges Verzeichnis der Arbeitszeit erstellen. Dieses muss folgende Angaben enthalten: Die Dauer der tatsächlich geleisteten (täglichen und wöchentlichen) Arbeitszeit, einschliesslich Ausgleichsarbeit und Überzeit, sowie deren Lage (d.h. Anfangs- und Endzeiten, die gewährten wöchentliche Ruhe- oder Ersatzruhetage, soweit diese nicht regelmässig auf einen Sonntag fallen, und die Lage und Dauer der Pausen von einer halben Stunde und mehr). Diese Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, die durch ein manuelles Erfassungssystem (z.B. Excel-Tabelle) oder elektronisch (elektronische Stempelmaschine) oder mittels einer auf dem Smartphone installierten Software umgesetzt wird, betrifft grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die dem ArG unterliegen, m.a.W. die Mehrheit der Arbeitnehmer im privaten Sektor.
Das oben beschriebene System ist einigermassen restriktiv und starr, insbesondere für Branchen oder Funktionen, bei denen eine gewisse Flexibilität und Autonomie der Arbeitnehmer bei der Einteilung und Planung der Arbeitszeiten bestehen. Um diesen Besonderheiten Rechnung zu tragen, sieht Art. 73b ArGV 1 die Möglichkeit vor, nur die tägliche Dauer der tatsächlich geleisteten Arbeit erfassen zu müssen – mit Ausnahme der Nacht- und der Sonntagsarbeit, bei welcher zusätzlich der Anfang und das Ende dieser Arbeitseinsätze zu erfassen sind. Dies wird als vereinfachte Arbeitszeiterfassung bezeichnet. Es muss also immer die tatsächliche Dauer der geleisteten Arbeitszeit erfasst werden, die Lage, resp. der genaue Zeitpunkt der Arbeits- und Ruhezeiten müssen jedoch nicht erfasst werden.
Die vereinfachte Arbeitszeiterfassung ist auf Arbeitnehmer anwendbar, die einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit, d.h. mindestens einen Viertel der Gesamtarbeitszeit, selbst bestimmen können. Neben der Autonomie betreffend Arbeitszeiteinteilung muss dem Arbeitnehmer auch eine gewisse Autonomie bei der Organisation seiner Arbeit zukommen. In der Praxis sind es häufig mittlere Kaderangehörige, die von dieser Vereinfachung profitieren. Damit ist klar, dass Arbeitnehmer mit festen Arbeitszeiten der detaillierten Arbeitszeiterfassung, wie zu Beginn dieses Beitrags dargelegt, unterliegen, während Arbeitnehmer mit völlig frei wählbaren Arbeitszeiten von einer vereinfachten Erfassung profitieren können. Aber was ist mit Arbeitnehmern, deren Arbeitszeitgestaltung als «variabel» bezeichnet wird, d.h. mit einem täglichen Soll an Arbeitsstunden, wovon wenige Stunden aber fixe Blockzeiten sind, z.B. zwischen 9 und 15 Uhr? Während hier eine gewisse Freiheit bei der Festlegung der Arbeitszeit bejaht werden kann, ist das Kriterium der Autonomie bei der Arbeitsorganisation nicht erfüllt. Es erscheint unter diesen Umständen sachgerecht, dass in diesem Fall die Arbeitszeiterfassung detailliert zu erfolgen hat.
Die Voraussetzungen für die Einführung der vereinfachten Arbeitszeiterfassung variieren je nach der Anzahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Die Zahl der Arbeitnehmer bemisst sich nach der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und nicht nach Stellenprozenten. Ausgeliehene Arbeitnehmer werden nicht berücksichtigt.
Die vereinfachte Arbeitszeiterfassung muss Gegenstand einer kollektiven Vereinbarung sein. Das bedeutet, dass sie von der gewählten betriebsinternen Arbeitnehmervertretung des Unternehmens oder der Branche oder, wenn keine solche besteht, von der Mehrheit der Arbeitnehmer im Unternehmen ausgehandelt und genehmigt werden muss. In Betrieben ohne gewählte betriebsinterne Arbeitnehmervertretung ist es auch möglich, für die Aushandlung dieser Vereinbarung eine Projektgruppe ad hoc durch die Mitarbeitenden bestimmen zu lassen. Die Vereinbarung muss folgende Elemente enthalten: Die Arbeitnehmerkategorien, für die die vereinfachte Arbeitszeiterfassung gilt; besondere Bestimmungen zur Einhaltung der Arbeitszeit- und Ruhezeitbestimmungen; ein paritätisches Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Vereinbarung. Wichtig: Da keine detaillierte Arbeits- und Ruhezeiterfassung erfolgt, ist die Überprüfung der Einhaltung der Ruhezeiten auf der Grundlage einer vollständigen Dokumentation nicht mehr möglich. Daher ist in der Vereinbarung zu erläutern, mit welchen Massnahmen im Betrieb dafür gesorgt wird, dass die geltenden Arbeits- und Ruhezeiten eingehalten werden.
Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer eine individuelle schriftliche Vereinbarung treffen, welche eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung vorsieht. Die Vereinbarung muss einen konkreten Hinweis auf die geltenden Arbeits- und Ruhezeiten enthalten; es gilt diesbezüglich das oben Gesagte. Vorgeschrieben ist zudem, dass ein Endjahresgespräch stattfindet, anlässlich dessen die Frage der Arbeitsbelastung thematisiert wird. Dieses Endjahresgespräch muss dokumentiert werden.
Trotz Vorliegens einer kollektiven oder individuellen Vereinbarung kann der einzelne Arbeitnehmer sich dafür entscheiden, die Arbeitszeiten lückenlos dokumentieren zu wollen. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer in diesem Fall eines der eingangs dieses Beitrags erwähnten Erfassungssysteme zur Verfügung stellen. Die von der vereinfachten Arbeitszeiterfassung betroffenen Arbeitnehmer sind über diese Möglichkeit in Kenntnis zu setzen.
Das System der vereinfachten Arbeitszeiterfassung ermöglicht es zwar, den Umfang der Arbeitszeiterfassung etwas zu reduzieren. Jedoch erlauben diese Vereinfachungen in keiner Weise, von den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes und dessen Verordnungen abzuweichen. Diese sind stets zwingend einzuhalten. Schliesslich sei auch vermerkt, dass es hierbei auch nicht um den gänzlichen Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung nach Art. 73a ArGV 1 geht, welcher wohlbemerkt nur ausnahmsweise anwendbar und in der Praxis nur selten möglich ist.
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