Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers

1. März 2002

Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer haftet für dem Arbeitgeber zugefügten Schaden nur unter gewissen Voraussetzungen und in einem oft beschränkten Ausmass.

Voraussetzungen der Haftung

Der Arbeitnehmer ist für den Schaden verantwortlich, den er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt (OR 321e/1). Eine Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers ist an die folgenden vier Voraussetzungen geknüpft: eine Vertragsverletzung, ein Verschulden, ein Schaden des Arbeitgebers und ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Vertragsverletzung und Schaden. Fehlt es an einem dieser Elemente, so besteht keine Haftung.

Das Mass der Sorgfalt, für die der Arbeitnehmer einzustehen hat, bestimmt sich nach dem einzelnen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden, sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen (OR 321e/2). 

Gerichtspraxis

Dem Entscheid des Bundesgerichts Nr. 4C.87/2001 vom 7. November 2001 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitnehmer hatte der Kundschaft nicht die verlangte Dienstleistung erbracht, was zu Reklamationen führte. Deshalb musste in zahlreichen Fällen von einer Rechnungsstellung für ausgeführte Arbeiten abgesehen werden. Der Arbeitnehmer konnte nicht nachweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Unter Berücksichtigung der technischen Kenntnisse und der Position des Arbeitnehmers im Betrieb beurteilte das Gericht diese Handlungen des Arbeitnehmers als schuldhafte Verletzung der Treuepflicht und machte den Arbeitnehmer somit für den Schaden gemäss OR 321e verantwortlich.

Ist die Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers aufgrund der oben genannten Kriterien gegeben, stellt sich noch die Frage nach der Höhe des Schadenersatzes. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung enthält OR 321e/2 keine abschliessende Liste von Faktoren, welche die Haftung reduzieren würden. Es gilt mit andern Worten bei der Bestimmung der Höhe des Schadenersatzes alle anderen Umstände auch zu berücksichtigen. So stellt laut Bundesgericht die Lohnhöhe ein Kriterium dar, um die Höhe des vom Arbeitnehmer zu tragenden Schadenersatzes zu bestimmen; dies zumindest bei Fällen, in denen sein Verschulden nicht schwer und der Schaden besonders gross ist. Man kann annehmen, dass ein hoher Lohn es dem Arbeitnehmer erlaubt, in einem gewissen Ausmass einen Teil des Berufsrisikos zu tragen (BGE 110 II 344). Im Entscheid vom 7. November 2001 hielt das Bundesgericht fest, dass das Verschulden des Arbeitnehmers nicht schwer, der Lohn verhältnismässig gering und der Schaden von Fr. 30'000.- nicht besonders hoch war. Aufgrund dessen beurteilte das Gericht eine Schadenersatzzahlung des Arbeitnehmers von Fr. 15'000.- als angemessen.

Auch das Verhalten des Arbeitgebers muss jeweils geprüft werden, denn es kann manchmal zu einer Reduktion des vom Arbeitnehmer zu bezahlenden Schadenersatzes führen. So beispielsweise, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die vorgesehene Arbeit nicht richtig instruiert oder bei der Arbeitsausführung ungenügend kontrolliert hat. 

In einem anderen Entscheid (BGE 123 III 257) hatte das Bundesgericht folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Ein Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis. Mit gleichem Datum reichten auch vier Mitarbeiterinnen die Kündigungen ein. Er eröffnete daraufhin in unmittelbarer Nähe ein eigenes Geschäft und stellte diese vier abgeworbenen Mitarbeiterinnen ein. Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Bezahlung des dem ehemaligen Arbeitgeber dadurch entstandenen Schadens infolge des Umsatzrückgangs.

Weiterer Anwendungsbereich von OR 321e

OR 321e bezieht sich vor allem auf die Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers für dem Arbeitgeber zugefügten Schaden. Interessanterweise kann dieser Artikel aber auch angewendet werden auf den Schaden, den der Arbeitnehmer selber erleidet und für den der Arbeitgeber aufgrund seiner Risikotragung aufzukommen hat. Dem Entscheid des Kantonsgerichts Jura vom 7. März 1996 (JdT 1997 I 804) lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitgeber gab dem Arbeitnehmer den Auftrag für eine Lieferung mit seinem privaten Fahrzeug. Während dieser Lieferung verunfallte der Arbeitnehmer. Die Voraussetzungen der Haftung des Arbeitnehmers nach OR 321e waren erfüllt, doch trug der Arbeitgeber das Berufsrisiko für diesen Lieferungsauftrag und dies um so mehr, als die Strassenverhältnisse schlecht (Schnee) waren, das Verschulden des Arbeitnehmers gering und sein Lohn tief. Unter diesen Umständen sah das Gericht einen Haftungsgrad von 15% des Arbeitnehmers als angemessen an.


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