Der Arbeitnehmer kann in der Regel über die Pausenzeit frei verfügen, d.h. den Arbeitsplatz verlassen, und die Pausenzeit gilt nicht als Arbeitszeit. Darf der Arbeitnehmer hingegen den Arbeitsplatz nicht verlassen, gelten die Pausen als Arbeitszeit. Anlass zur vorliegenden Ausgabe geben zwei Entscheide des Bundesgerichts, in denen es die Frage zu beantworten hatte, ob Pausen als Arbeitszeit anzurechnen und zu entschädigen sind.
Dauer, Aufteilung und zeitliche Lage
Als Pause im Sinn des Arbeitsgesetzes gilt gemäss Wegleitung des SECO jeder Arbeitsunterbruch, der von den Arbeitnehmern zur Verpflegung und Ruhe genutzt werden kann. Nicht als Pausen gelten hingegen technisch bedingte Arbeitsunterbrüche in den Arbeitsabläufen, die es nicht zulassen, sich auszuruhen, z.B. weil die Zeit zu kurz ist oder die Wiederaufnahme der Arbeit sich nicht vorhersagen lässt.
Die gesetzlichen Pausen von einer Viertelstunde bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als fünfeinhalb Stunden, von einer halben Stunde bei mehr als sieben Stunden und von einer Stunde bei mehr als neun Stunden, sind gemäss Arbeitsgesetz (ArG 15/1) Mindestwerte. Eine längere Dauer kann vom Arbeitgeber angeordnet werden. Aber auch wenn die Hauptpause länger als gesetzlich vorgeschrieben dauert, z.B. 90 Minuten Mittagspause, ist eine zusätzlich Pause von mindestens einer Viertelstunde zu gewähren, wenn die Arbeitszeit vor oder nach dieser Hauptpause fünfeinhalb Stunden überschreitet. Eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestdauer durch privatrechtliche Vereinbarung, beispielsweise im Einzelarbeitsvertrag, ist unzulässig. Bei flexiblen Arbeitszeitsystemen (wie etwa bei der gleitenden Arbeitszeit), bei denen die tägliche Arbeitszeit zwischen weniger als sieben Stunden und mehr als neun Stunden liegen kann, ist für die Bemessung der Pausen die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit massgebend.
Die Pausen können für einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern zeitlich verschieden angesetzt werden. „Pausen“ am Anfang oder am Ende der Arbeitszeit gelten nicht als echte Pausen.
Grundsätzlich können die gesetzlichen Pausen nicht aufgeteilt werden. Geht es aber um Pausen von mehr als einer halben Stunde, dürfen diese aufgeteilt werden. So kann die einstündige Pause für eine tägliche Arbeitszeit von mehr als neun Stunden z.B. in zwei Pausen von je einer halben Stunde oder in eine Pause von einer halben Stunde und zwei Pausen von einer Viertelstunde aufgeteilt werden. Dabei genügt es unseres Erachtens, wenn eine der Pausen mindestens eine halbe Stunde beträgt.
Eine Sonderregelung besteht für Arbeitnehmer mit Familienpflichten. Ihnen ist auf Verlangen eine Mittagspause von wenigstens anderthalb Stunden zu gewähren. Als Familienpflichten gelten die Erziehung von Kindern bis 15 Jahren sowie die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger oder nahe stehender Personen (ArG 36/1+2).
Pausen am Arbeitsplatz
In gewissen Betriebsteilen oder Betrieben ist es nicht möglich, den Arbeitsplatz während den Pausen zu verlassen, weil das Eingreifen in einen Arbeitsprozess jederzeit möglich sein muss (z.B. um Kontrollaufgaben zu erfüllen, um Störungen zu beheben oder um den Telefondienst sicherzustellen). In diesem Fall gelten die Pausen zwar als gewährt, sofern sich der Arbeitnehmer unter vertretbaren hygienischen Bedingungen ausruhen und verpflegen kann, die Pausenzeiten sind jedoch als Arbeitszeit anzurechnen. Der Begriff des Arbeitsplatzes ist in Art. 18 Abs. 5 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz wie folgt definiert: Arbeitsplatz im Sinn von ArG 15/2 ist jeder Ort im Betrieb oder ausserhalb des Betriebs, an dem sich der Arbeitnehmer zur Ausführung der ihm zugewiesenen Arbeit aufzuhalten hat. In der Folge wird dargelegt, wie das Bundesgericht diese Bestimmung interpretiert.
Im Entscheid 4A_528/2008 vom 27. Februar 2009 hatte das Bundesgericht folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Einem Rettungssanitäter standen 1,5 Stunden Mittagspause zur Verfügung. Da er auch während dieser Pause mit kurzfristigen Einsätzen rechnen musste, war er der Ansicht, die Pausenzeit habe als entschädigungspflichtige Arbeitszeit zu gelten, obschon er die Pausen nach seinen eigenen Aussagen für ein Essen, einen Mittagsschlaf oder Ähnliches nutzen konnte. Gemäss Bundesgericht ist der Begriff des Arbeitsplatzes restriktiv auszulegen. Die Qualifikation als Pause setzt nicht voraus, dass das Gebäude verlassen werden könne. Vorliegend habe der Rettungssanitäter aber während der Mittagspause nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern auch das Gebäude verlassen können. Die Pausen sind deshalb nicht als Arbeitszeit im Sinn von ArG 15/2 zu qualifizieren. Wenn während der Pause ein Notruf eingegangen ist, hat der Rettungssanitäter zwar innert kürzester Zeit ausrücken müssen. In diesem Fall hat er aber die Pause nachholen können. So ist sichergestellt gewesen, dass insgesamt eine Zeit von 1,5 Stunden für die Erholung und Verpflegung zur Verfügung gestanden habe. Der Rettungssanitäter konnte auch einen Mittagsschlaf machen oder das Gebäude für Einkäufe und Ähnliches verlassen. Ein Unterschied zu manchem Arbeitnehmer anderer Geschäftszweige bestand insofern, als der Rettungssanitäter auf Grund seiner speziellen Tätigkeit bei einem Notruf gelegentlich auch während den Pausen ausrücken musste, was ihn in der Gestaltungsfreiheit etwas einschränkte. Trotzdem sind diese Pausen nicht als entschädigungspflichtige Arbeitszeit zu qualifizieren, denn die Pausenzeiten müssen nicht die gleiche Gestaltungsfreiheit gewähren wie die eigentliche Freizeit. Entscheidend ist gemäss Bundesgericht, dass der Rettungssanitäter jeweils insgesamt 1,5 Stunden für seine eigenen Belange (Verpflegung, Erholung, Besorgungen) nutzen konnte. Somit hatte der Rettungssanitäter keinen Anspruch auf Entschädigung für die Mittagspausen.
Noch restriktiver interpretierte das Bundesgericht den Begriff des Arbeitsplatzes im Entscheid 4A_343/2010 vom 6. Oktober 2010. Die Angestellten eines Casinos durften das Casino während den Pausen nicht verlassen. Sie mussten ihre Pausen aber nicht an ihrem Arbeitsplatz, d.h. an der Kasse, verbringen, sondern in einem dafür vorgesehenen Pausenraum. Dabei ist es gelegentlich vorgekommen, dass Mitarbeiterinnen ihre Pausen unterbrechen mussten. Die unterbrochenen Pausen durften aber nachgeholt werden. Diesen Sachverhalt beurteilte das Bundesgericht wie folgt: Soweit eine Pause in einem speziell dafür vorgesehenen Pausenraum abzuhalten ist, verlässt der Arbeitnehmer damit bereits seinen Arbeitsplatz, selbst wenn sich der Pausenraum im selben Gebäude wie der Arbeitsplatz befindet. Somit ist es nicht willkürlich, die Pausenzeit nicht als entschädigungspflichtige Arbeitszeit zu qualifizieren, denn der Arbeitnehmer muss nicht notwendig auch das Betriebsgebäude verlassen können.
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