Grenzen des Konkurrenzverbots

1. Juni 2011

Grenzen des Konkurrenzverbots

Das arbeitsrechtliche Konkurrenzverbot darf das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren. Deshalb ist es nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu beschränken. In der vorliegenden Ausgabe wird näher auf die Frage eingegangen, was in der Lehre und Rechtsprechung als „angemessene Dauer“ des Konkurrenzverbots angesehen wird. Anlass dazu gibt der Bundesgerichtsentscheid 4A_62/2011 vom 20. Mai 2011.

Allgemeines zu den Beschränkungen

Die Beschränkungen sind kein Gültigkeitserfordernis des Konkurrenzverbots. Es handelt sich dabei jedoch nach OR 340a/1 um eine relativ zwingende Bestimmung, d.h. das Konkurrenzverbot kann nicht durch eine Vereinbarung oder Zahlung einer Entschädigung zu Ungunsten des Arbeitnehmers so ausgestaltet werden, dass das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers unbillig erschwert würde. Der Richter kann ein übermässiges Konkurrenzverbot gemäss OR 340a/2 unter Würdigung aller Umstände nach seinem Ermessen einschränken. Ob ein Konkurrenzverbot als übermässig anzusehen ist, beurteilt sich immer gesamthaft unter Berücksichtigung seines Umfangs nach Ort, Zeit und Gegenstand. Dabei ist eine allfällige Gegenleistung (Karenzentschädigung) des Arbeitgebers angemessen zu berücksichtigen. Übermässig kann das Konkurrenzverbot auf Grund eines einzigen Kriteriums (z.B. drei Jahre oder weltweit) sein, oder auf Grund einer Kombination aller Beschränkungen. Ein örtlich und sachlich eng begrenztes Konkurrenzverbot darf unter Umständen länger dauern als eines, das die Tätigkeit des Betroffenen nach Ort und Gegenstand stark einschränkt. Die Praxis nimmt nicht leichthin eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens an.

Zeitliche Beschränkung

Der Schutz des Arbeitgebers kann auch bei der zeitlichen Beschränkung des Konkurrenzverbots nur so weit gehen, als er überhaupt ein berechtigtes Interesse daran haben kann. Das Gesetz bestimmt in OR 340a/1, dass die Dauer nur unter besonderen Umständen drei Jahre überschreiten darf. Es stellt eine Vermutung auf, wonach längere Konkurrenzverbote nicht angemessen sind. Damit ist aber nicht gesagt, dass kürzere Verbote oder solche von drei Jahren stets angemessen sind. Entscheidend für die angemessene Dauer des Verbots ist gemäss Bundesgericht unter anderem die Art der zu schützenden Kenntnisse. Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse rechtfertigen regelmässig eine längere Dauer als der blosse Einblick in einen Kundenkreis. Denn die aus einem Kundenkreis gewonnenen Kenntnisse können den früheren Arbeitgeber regelmässig nur während kurzer Zeit schädigen, nämlich bis der Arbeitgeber einen neuen Arbeitnehmer bei seiner Kundschaft eingeführt hat. Danach kann der Betroffene seinem früheren Arbeitgeber keine Kunden mehr abwerben, sondern diesem nur noch durch seine persönlichen Fähigkeiten, die nicht unter dem Konkurrenzverbot stehen, Schaden zufügen. Die verbreitete Lehrmeinung sieht in jüngerer Zeit für die Schutzdauer des Kundenkreises einen Rahmen von wenigen bis 18 Monaten vor. 

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hinsichtlich der Verbotsdauer im Zusammenhang mit Kundenkontakten ist unterschiedlich. Im BGE 61 II 90 wurde ein Konkurrenzverbot von zehn Jahren für einen Reitlehrer, der zeitweise auch die Leitung der Reitanstalt besorgte, auf drei Jahre herabgesetzt. Im BGE 96 II 139 hatte das Bundesgericht die Dauer eines Konkurrenzverbots für einen Geschäftsleiter zu beurteilen, das ohne zeitliche Beschränkung vereinbart worden war. Dieser hatte nicht nur einen vollständigen Einblick in den Kundenkreis erlangt, sondern Gelegenheit gehabt, mit der Kundschaft persönlich zu verkehren. Gemäss Vertrag stand ihm ausser der technischen auch die kaufmännische Abwicklung der Geschäfte zu. Die Kunden mussten daher in ihm die „Seele des Geschäftes“ sehen. Die Gefahr, dass sie verloren gehen und sich dem ehemaligen Geschäftsleiter zuwenden würden, wenn dieser im Schutzgebiet ein Geschäft eröffnen oder für ein auswärts liegendes Geschäft in diesem Gebiet Kunden abwerben würde, war gross. Das Bundesgericht erachtete eine Verbotsdauer von drei Jahren als angemessen. Von drei auf zwei Jahre herabgesetzt wurde die Schutzdauer im BGE 91 II 372 für einen Reisenden, der Nahrungsmittel fast ausschliesslich an Private verkaufte. Das Konkurrenzverbot betraf in räumlicher Hinsicht nur die Kantone Ob- und Nidwalden. In einem anderen Urteil (4P.335/1994) wurde das Konkurrenzverbot eines Ingenieurs auf 18 Monate festgelegt. Im Weiteren beurteilte das Bundesgericht im Entscheid 4C.360/2004 ein 12-monatiges Konkurrenzverbot eines Transportfahrers als angemessen. Es betraf bloss die Tätigkeit bei drei Unternehmungen. 

Im eingangs erwähnten Entscheid hatte das Bundesgericht ein für die Dauer von drei Jahren vereinbartes Konkurrenzverbot lediglich für die Dauer von sechs Monaten als angemessen beurteilt. Es betraf einen Angestellten, der zu 50% für Sachbearbeitung, Administration, Verkauf und Einkauf im Innendienst und zu 50% für Verkauf im Aussendienst in der Natursteinindustrie, Bauindustrie und anderen Industrien tätig war. Die relativ kurze Schutzdauer für Einblicke in Kundenkreise trägt nach Lehre und Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass unter normalen Umständen ein Nachfolger eines Aussendienstmitarbeiters in der Lage ist, den Kundenstamm des Vorgängers innert relativ kurzer Zeit zu übernehmen, womit danach regelmässig kein Schädigungspotential und damit auch kein Interesse mehr an der Aufrechterhaltung des Konkurrenzverbots besteht. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses sechs Monate bzw. ab dem Kündigungszeitpunkt gerechnet acht Monate Zeit gehabt, um bei seinem Kundenkreis einen Nachfolger einzuführen. Wäre ein solcher in diesem Zeitraum eingesetzt worden, wäre ein Konkurrenzverbot nach der Einarbeitungszeit mangels Interesses weggefallen, weil allfällige Kundenabwerbungen danach den persönlichen Fähigkeiten des Betroffenen zuzuschreiben wären, und diese sind unbestrittenermassen nicht Gegenstand des Konkurrenzverbots.

Kommentar

Das Konkurrenzverbot erweist sich in der Praxis als äusserst schwierig und heikel. Denn jedes einmal schriftlich vereinbarte Konkurrenzverbot, das die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, ist nur insofern verbindlich, als es nicht nachträglich vom Richter in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht beschränkt wird, wenn es das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers unbillig erschwert. Zudem kann auch eine vereinbarte Konventionalstrafe vom Richter herabgesetzt werden. Dieser Rechtsunsicherheit gilt es sich bei der Erstellung eines Konkurrenzverbots bewusst zu sein. 

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