Als Berufskleidung ist eine Arbeitskleidung zu verstehen, die typischerweise zur Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit getragen wird, inklusive allfällige Schutzkleidung und Uniformen. Die vorliegende Ausgabe soll aufzeigen, welchen Spielraum der Arbeitgeber bei der Regelung beziehungsweise Erteilung von Weisungen an den Arbeitnehmer bezüglich Berufskleidung hat respektive welche Schranken bestehen. Behandelt werden insbesondere Fragen betreffend Beschaffung, Kostentragung, Depot, Reinigung und Unterhalt.
Gesetzliche Grundlagen
Der Begriff „Berufskleidung“ wird weder im Obligationenrecht (OR) noch im Arbeitsgesetz (ArG) verwendet. Geregelt ist aber in OR 327, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit den Geräten und dem Material auszurüsten hat, die dieser zur Arbeit benötigt. Stellt der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber selbst Geräte oder Material für die Ausführung der Arbeit zur Verfügung, so ist er dafür angemessen zu entschädigen. In beiden Fällen bleibt jedoch eine abweichende Vereinbarung oder Übung vorbehalten, da es sich um dispositive Bestimmungen handelt. Zudem sieht OR 327a vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen hat, bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderlichen Aufwendungen. Da es sich dabei um eine relativ zwingende Bestimmung handelt, sind Vereinbarungen, wonach der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu übernehmen hat, nicht gültig.
Gemäss Artikel 27 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV3) muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zumutbare und wirksame persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen durch technische oder organisatorische Massnahmen nicht oder nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Und ArGV3 28 bestimmt, dass der Arbeitgeber in angemessenen Zeitabständen für die Reinigung der Arbeitskleidung zu sorgen hat, wenn diese durch übel riechende oder sonstige im Betrieb verwendete Stoffe stark verunreinigt wird.
Beschaffung
Die Berufskleidung ist als Material im Sinn von OR 327 zu qualifizieren. Demnach ist grundsätzlich der Arbeitgeber verpflichtet, die Berufskleidung zu beschaffen. Jedoch kann durch Vereinbarung davon abgewichen werden beziehungsweise durch Übung etwas anderes gelten. Einzig betreffend Schutzkleidung ist der Arbeitgeber zwingend verpflichtet, diese zur Verfügung zu stellen (ArGV3 27/1) und es ist keine andere Vereinbarung zulässig. Ausserhalb von Schutzkleidung und Uniformen, d.h. bei der übrigen Berufskleidung, wird die Beschaffungspflicht sinnvollerweise dem Arbeitnehmer übertragen.
Kostentragung
Ob sich die Kostentragung nach OR 327 oder OR 327a richtet, ist umstritten. Wir sind der Meinung, dass OR 327 hinsichtlich der Kostentragung eine Spezialvorschrift zu OR 327a darstellt. Denn im Gegensatz zu OR 327a, der den Auslagenersatz im Allgemeinen regelt, regelt OR 327 den Ersatz der Aufwendungen speziell für Material. Somit ist bezüglich Kostentragung allein OR 327 anwendbar. Demnach ist die Berufskleidung, die der Arbeitgeber beschafft und den Arbeitnehmern zur Verfügung stellt, grundsätzlich vom Arbeitgeber zu bezahlen, und die Berufskleidung, die der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber für die Ausführung der Arbeit zur Verfügung stellt, ist grundsätzlich vom Arbeitgeber angemessen zu entschädigen. Durch Vereinbarung kann jedoch der Arbeitnehmer verpflichtet werden, die Kosten der Berufskleidung, mit Ausnahme der Schutzkleidung, ganz oder teilweise selber zu tragen. Weder unter das Material nach OR 327 noch unter die notwendigen Auslagen nach OR 327a fällt die übrige Arbeitskleidung ausserhalb der Berufskleidung. Demnach ist diese vom Arbeitnehmer zu bezahlen.
Depot
Bei der Abgabe einer teuren Berufskleidung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ist es zulässig und kann es sinnvoll sein, vom Arbeitnehmer ein Depot zu verlangen, um allfällige Beschädigungen oder den Verlust abzusichern. Dabei sind die Regeln über die Kaution nach OR 330 zu beachten. Eine Kaution muss vertraglich vereinbart werden, der Arbeitgeber hat sie von seinem Vermögen getrennt zu halten und dem Arbeitnehmer Sicherheit zu leisten.
Reinigung und Unterhalt
Der Arbeitgeber ist in Anwendung von OR 327 grundsätzlich auch für Reinigung und Unterhalt der Berufskleidung zuständig. Jedoch kann auch hier eine andere Regelung vereinbart werden beziehungsweise eine andere Übung gelten. Dies ist sinnvollerweise ausserhalb von Schutzkleidung und Uniformen zu empfehlen. Einzig bezüglich Schutzkleidung muss der Arbeitgeber zwingend für Reinigung und Unterhalt aufkommen, zumindest aber hat er die zur Reinigung notwendigen Instrumente und Anlagen den Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen.
Schranken der Regulierung
Wie ausgeführt hat der Arbeitgeber bei der Regelung der Berufskleidung einen grossen Spielraum, dies gilt auch hinsichtlich seines Weisungsrechts. Die Weisungen dürfen jedoch nicht widerrechtlich, unsittlich oder unmöglich sein. Zudem dürfen sie weder öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen noch Bestimmungen in anwendbaren Gesamtarbeitsverträgen (GAV) widersprechen. Die Weisungen müssen für den Arbeitnehmer zumutbar und dürfen nicht schikanös sein und dürfen nicht gegen den Persönlichkeitsschutz verstossen.
Kommentar
Will der Arbeitgeber Vorschriften über die Berufskleidung erlassen, empfiehlt sich eine allgemeine Regelung in einem Anstellungsreglement – es sei denn, es bestehen bereits Bestimmungen in einem anwendbaren GAV – und die detaillierte Regelung mittels schriftlicher Weisungen.
Berücksichtigte Literatur: Roland Müller / Manuel Stengel, Berufskleidung im Arbeitsrecht – Vorschriften, Kostentragung, Depot, in AJP 2/2011.
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